berliner szenen
: Und dazwischen die News

Vor etwa einem Jahr ging er wieder auf Sendung. Vorher war Roots von Radioeins wegen der Coronapandemie „auf Eis gelegt“ worden, wie man sich ausdrückte. Es kam eine Vertretung, die man anfangs einschaltete, nur um sie sagen zu hören: „Hey, war schön, aber nächsten Sonntag haben Sie Ihren Wolfgang wieder!“ Doch nichts dergleichen geschah. Er fühle sich ein wenig eingerostet, sagte Wolfgang Doebeling, der Moderator von Roots, in der ersten Ausgabe nach der Zwangspause und blieb verhalten. Zu Recht, denn am zweiten Weihnachtstag 2020 war nach mehr als dreißig Jahren endgültig Schluss. Reicht doch auch, könnte man jetzt meinen, stimmt aber nicht. Vor allem: Wo ist der Mehrwert? Roots war eine einzigartige und beglückende Musiksendung, in der nur Vinyl aufgelegt wurde. Sie war ein Kosmos mit vielen Frauen und sensationeller Musik. Enzyklopädisch und emphatisch. Mit „Robert Mitchum“ von Justice Hahn als Erkennungsmelodie. Von einem Mozart-Dirigenten wurde kürzlich gesagt, er sei ein „Extremist der Eindringlichkeit“. Das passt auch zu Wolfgang Doebeling.

Jede Sendung war eine an den Rändern ausfransende, in sich geschlossene Erzählung. Manche Liedübergänge waren wie eine schwebende Zudecke. Erst kamen die Songs, dann die Worte. Das Spektrum reichte nicht von bis, sondern eher gab es Sachen, die nicht gespielt wurden, zum Beispiel HipHop oder Einstürzende Neubauten.

Die Gegenstimmen habe ich nie begriffen. So wie wenn jemand sagt, du musst nicht atmen, das versteht man ja auch nicht.

In einem nächtlichen Wachtraum war ich dieser Tage Herrin über eine Radiofrequenz. Dort ging Roots wieder an den Start. Jeden Sonntagabend für zwei Stunden. Und dazwischen die News. Katrin Schings