heute in hamburg: „Es geht um Orte und koloniale Geschichte“
„ReMapping Memories x Urban Bodies Project Hamburg“.Künstlerischer Walk durch Hamburg, 17:30 Uhr, Bismarck-Denkmal. Samstag, 14:30 und 17:30
Interview Leah Binzer
taz: Inwiefern haben Hamburg und Lissabon Gemeinsamkeiten in Bezug auf die Kolonialgeschichte?
Daniel Stoevesandt: Sie haben sowohl Gemeinsamkeiten im klassischen Sinne von Parallelitäten, also dass es beides große Städte in Ländern sind, die kolonial aktiv waren; sie haben aber auch direkte Verknüpfungen in Form von Handelsbeziehungen aus dieser Zeit. Deswegen hat sich meine Kollegin Susanne Sporrer vom Goethe-Institut Lissabon dieses Pairing mit Hilfe von Beratung ausgedacht.
Welche kolonialen Bestände sind denn heute noch sichtbar in Hamburg?
Mit kolonialen Beständen meint man ja meistens Museumsgüter und dergleichen, die in der Zeit der Kolonialherrschaft in deutsche Sammlungen gekommen sind. Das ist in diesem Projekt aber nicht unser Thema.
Was ist es dann?
Bei unserem Projekt geht es um Orte in beiden Städten und darum, an oder zu diesen die koloniale Geschichte zu erzählen. Wir sind gestern Mittag am Bismarck-Denkmal gestartet, zu dem es schon lange eine Debatte gibt, welche sich aber in den letzten Monaten intensiviert hat. Dann sind wir zu den Landungsbrücken gelaufen und danach mit Barkassen in den Baakenhafen hineingefahren, weil der eine wichtige Rolle gespielt hat, gerade in dem Kontext Deutschland – Namibia. Geendet sind wir in der Hongkong Bar, ein Ort, der auch stark an der deutschen Kolonialgeschichte hängt, aber bei dem das viele Menschen nicht auf dem Schirm haben. Das ist genau der Aufhänger, der uns so wichtig erscheint: Dass wir alle vier Orte in dieser Stadt täglich passieren, wahrnehmen und teilweise sogar nutzen, aber dieses Bewusstsein weg ist.
Worum geht es bei „Remapping Memories“?
Darum, diese Orte nochmal in Form einer Stadtkarte im Internet im Überblick sehen, die Hintergründe dazu erfahren und sich anhand dieser persönlich geschriebenen Texte ein eigenes Bild dazu machen zu können. Insgesamt wurden 25 Orte in beiden Städten untersucht. Die Webseite launcht Stück für Stück neue. Wir haben gestern aus geographischen Gründen, weil man zu Fuß nicht so arg viel schafft, vier Orte einbezogen. Aber es sind schon ungefähr 15 in Hamburg online, die man sehen kann.
Daniel Stoevesandt41, Leiter des Geotheinstitut Hamburg, ist beteiligt am Aufbau des neuen Arbeitsbereiches „kulturelle Bildung“.
Es soll ja auch eine auditive Begleitung geben. Wie können wir uns das vorstellen?
Die „Tänzerischen Walks“ sind im weiteren Sinne Audio Walks, bei denen du dich mit Kopfhörern durch Hamburg bewegst und Texte von Autor*innen der Webseite hörst, die von diesen Orten handeln. Teilweise an den Orten selber aber auch auf dem Weg dahin finden dann tänzerische Performances statt, die das Ganze nochmal in eine andere Perspektive rücken.
Ist Tanz ein geeignetes Stilmittel, um sich der Kolonialgeschichte zu nähern?
Ich persönlich finde, Tanz ist ein großartiges Stilmittel, weil er ohne Sprache auskommt. Die Kraft der Kunst liegt darin, dass du keine eindeutige Wahrheit vorgibst sondern Denkanstöße lieferst und die Leute in eine Position bringst, in der sie sich selbst eine Meinung bilden.
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