das ding, das kommt
: Die solidarische Gitarre

Die Gitarre klingt nicht länger, wenn sie bricht: Sie zu heilen, kann solidarisieren Foto: Panthermedia/imago

Geht ein Ding kaputt, ist das ärgerlich, aber meist zu verkraften. Bei nicht-elektronischen Musikinstrumenten ist das anders, gerade für Profis: Die emotionale Bindung an dieses Ding, das zum Klingen zu bringen sie zu ihrem Broterwerb und Lebenszweck gemacht haben, übersteigt diejenige, die sich zu einem Handwerkszeug sonst aufbauen lässt.

Der Klangkörper – und zwar nur der, nicht Accessoires, wie der Bogen bei Streichern oder spezielle Percussionbrooms – verwächst gleichsam mit der Person, die ihn so regelmäßig spielt, dass sie mit ihm mehr Zeit als mit irgendeinem Lebenspartner verbringt. Der Klangkörper konstituiert diese Person gewissermaßen als Individuum. Wer ihn zerstört, bereitet ihm physische Pein.

Auf einer Tournee nach Spanien ist Adam Marecs Konzertgitarre kaputtgegangen. Im Flieger. Ihre doppelte Decke – eine in den 1990ern entwickelte spezielle Bauweise, die dem Klang mehr Macht verleiht – hatte 15 Risse. Ein innerer Balken war hin. Dabei war das Instrument selbstredend in einem stabilen Koffer gewesen. „Da muss“, sagt der Oldenburger Gitarrenbauer Daniel Stark, „ein gewaltiger Druck drauf gewesen sein.“ Adam Marec war vernichtet. „Der war total aufgelöst“, so Stark. Dem hatte der Sologitarrist sofort Fotos geschickt, schließlich stammt die „Concert Double Top“ ja aus seiner Werkstatt. „Ich konnte ihm aber auch nur sagen: Nein, das kann dir nicht irgendein örtlicher Handwerker schnell richten.“

Was dann geschah ist Anlass fürs Konzert am heutigen Samstag: Marec gibt in Oldenburg, im Wilhelm 13, ein Récital als Dankeschön. Stark nämlich hat die Gitarre nicht bloß repariert. Es ist ein halber Neubau geworden, leichte Veränderungen inklusive, denn auch wenn der Mann aus Čadca am Rande der Jablunkauer Berge sie seit 2006 als Haupt­instrument nutzt, gab es doch ein paar Nuancen, die er sich anders wünschte. Finanzieren hätte er das nicht können: Coronahilfen für Künst­le­r*in­nen hatte es in der Slowakei erst gar nicht, später in deprimierend geringem Umfang gegeben. Und die bösartige Fluggesellschaft weigert sich zu zahlen: Wer mit der Iberia fliegt, schadet Klima und Musik!

Mit 40 Jahren stand Marec durch den Unfall vorm Ende seiner Laufbahn. Geholfen hat ein Crowdfunding. Gespendet haben Leute, die an Marecs Kunst glauben und ihn vorm Verstummen bewahren wollten. Künftig schwingt also, wenn er in die Saiten greift, stets die Idee der Solidarität mit. In Oldenburg ist erstmals zu erleben, wie schön das klingt.Benno Schirrmeister

Adam Marec: Gitarrenreparatur-Support-Konzert, Wilhelm 13, Oldenburg, 19 Uhr. Kartenreservierung: ☎0441-69 16 34, per Mail: info@singersplayersclub.de oder online: wilhelm13.de