Milch: EU-Kommission will Details ändern

LANDWIRTSCHAFT Agrarkommissarin Fischer Boel hält daran fest, die Produktionsmenge freizugeben. Sie möchte lieber, dass die Kommission leichter überflüssige Milch aufkaufen kann, um die Preise zu stützen

BERLIN taz | Deutschlands Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) hatte den Milchbauern Hoffnung gemacht: Die EU-Kommission werde neue Hilfen für die Landwirte vorschlagen, die unter niedrigen Preisen für ihre Produkte leiden. Am Donnerstag stellte Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel ihre Ideen vor – doch sie dürften die Lage der Bauern kaum verbessern.

Zurzeit erhalten zum Beispiel die deutschen Landwirte im Schnitt nur rund 18 bis 24 Cent je Liter. Dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) zufolge wäre das Doppelte nötig, damit sie ihre Kosten decken können. Er sieht die wirtschaftliche Existenz vieler der rund 97.000 Milchbauern und ihrer Familien gefährdet. Umweltschützer befürchten, dass bei den niedrigen Preisen nur noch exportorientierte Agrarfabriken überleben können. Ein Grund für den Preisverfall ist, dass die EU die erlaubten Produktionsmengen nach und nach anhebt. 2015 soll diese Quote ganz fallen.

Daran hielt Fischer Boel auch bei ihrer Rede im EU-Parlament fest. Wirklich verändern will die Kommission ihre Milchpolitik also nicht. Stattdessen schlug Fischer Boel vor, Details zu ändern. So will sie, dass die Brüsseler Behörde künftig auch ohne Zustimmung der Mitgliedstaaten überflüssige Milch aufkaufen und zwischenlagern darf. Zudem sollen die Mitgliedsländer früher Strafe zahlen, wenn sie mehr produzieren, als die EU erlaubt. Aber das ist pure Theorie: Die Bauern liefern schon jetzt viel weniger Milch, als sie eigentlich dürften. Außerdem sprach sich Fischer Boel für einen Rechtsrahmen für die Verträge zwischen Erzeugern und Industrie aus, um die Bauern zu stärken. Was genau sie damit meinte, ließ sie offen. Schließlich forderte die Dänin eine Diskussion darüber, ob Milch künftig auch an einer Warenterminbörse gehandelt werden sollte, damit die Preise transparenter entstehen.

Selbst beim konservativen Deutschen Bauernverband konnte Fischer Boel mit ihrer Rede nicht punkten. „Die Vorschläge sind mir in vielen noch zu vage“, erklärte Verbandschef Gerd Sonnleitner. „Ich vermisse schnell wirkende Signale.“ Auch BDM-Vertreter Hans Foldenauer zeigte sich skeptisch. Statt mit Terminkontrakten auf Milchprodukte die Spekulation anzuheizen, solle die Kommission lieber die Quote flexibel der Nachfrage anpassen. Der BDM will, dass die Bauern nach Wegfall der Produktionsbegrenzung selbst die Menge regulieren. Agrarministerin Aigner äußerte sich trotz Anfrage nicht. JOST MAURIN