CDU rehabilitiert Laurenz Meyer

Harmonischer Listenparteitag der NRW-Konservativen: Kandidaten für mögliche Bundestagswahl bekommen gute Ergebnisse. Selbst Ex-Generalsekretär Laurenz Meyer erhält fast 80 Prozent

AUS RECKLINGHAUSENMARTIN TEIGELER

Bevor die CDU-NRW am Donnerstag Abend ihre Bundestagskandidaten aufstellte, mussten sich erstmal alle Anwesenden im Recklinghäuser Festspielhaus aufstellen. Wenige Stunden nach den Bombenanschlägen von London nutzte CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers die Gelegenheit, um sich als standfester Streiter für die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu präsentieren. Während einige Zuhörer auf eine Schweigeminute für die Opfer gefasst waren, hielt Rüttgers im gedämpften Ton eine Rede. Es gebe Menschen, die nicht akzeptieren wollten, dass es freie Gesellschaften gebe, in denen die Menschen frei leben könnten. „Niemand soll sich darüber im Unklaren sein, dass wir diese Auseinandersetzung annehmen werden, auch in Nordrhein-Westfalen.“

Anschließend gingen Rüttgers und die CDU zur Tagesordnung über: Landesvertreterversammlung zur Aufstellung der Landesreserveliste für die mögliche Bundestagswahl im kommenden Herbst. Doch ehe die vom CDU-Landesvorstand zusammengestellte Liste weitgehend konfliktfrei durchgewinkt wurde, hielt Regierungschef Rüttgers Rückschau auf die ersten Amtstage der neuen schwarz-gelben Landesregierung. „Wir sind Diener des Staates“, sagte er. „Die Menschen“ hätten vor der Wahl gewusst, was kommt, wenn sie CDU wählen. Nun würden „die Menschen“ merken: „Die Regierung tut, was sie vorher gesagt hat.“ Und eine weitere Erkenntnis verbreite sich in der Bevölkerung: „Das Ganze hat ja Stil!“

Nach soviel Eigenlob forderte Rüttgers die rund 220 Delegierten zu einer „großen Kraftanstrengung“ bis zur Bundestagswahl auf. Wegen des Linksschwenks der SPD sei „die Mitte frei für uns“, so die Losung des CDU-Landesvorsitzenden. Es gebe in Deutschland links von der Mitte keine Mehrheit mehr. Wie seit kurzem in NRW solle auch in Berlin bald eine Koalition aus Christ- und Freidemokraten regieren. Um dieses große Ziel zu erreichen, müsse die Union jedoch zusammen stehen, mahnte Rüttgers wohl mit Blick auf die Streitereien auf Bundesebene um das Unions-Regierungsprogramm. „Jetzt ist nicht die Zeit für Selbstprofilierung. Geschlossenheit ist angesagt“, sagte Rüttgers.

Das Gebot der Geschlossenheit befolgten die Delegierten. Die ersten 24 Plätze der Landesliste (siehe Infokasten) wurden ohne Gegenkandidaten durchgewählt. Alle vorangegangenen Streitigkeiten innerhalb der Bezirksverbände und zwischen einzelnen Bewerbern um sichere Plätze und Wahlkreise (taz berichtete) schienen sich in Wohlgefallen aufgelöst zu haben. „Wir haben bei der Liste auf regionale und soziologische Ausgewogenheit geachtet“, sagte Landesgeneralsekretär und Sitzungsleiter Jochen Reck. Der Spitzenrang ging an Bundestagsvizepräsident Norbert Lammert (Bochum).

Zwar gab es um Platz 25 die erste Kampfkandidatur, doch der vom Landesvorstand für diesen sicheren Rang nominierte frühere CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer (Hamm) erhielt ein gutes Ergebnis. Er bezwang den 71-jährigen Rentner Reinhold Uhlenbrock (Drensteinfurt). Meyer kam auf 78,8 Prozent. In seiner Vorstellungsrede war Meyer nicht mehr auf seinen Rücktritt im Dezember 2004 eingegangen. Damals musste er nach Bekanntwerden einer umstrittenen Abfindungszahlung als CDU-General zurückgetreten. Ein halbes Jahr später scheint Meyer innerhalb der CDU vollends rehabilitiert zu sein.

Unklar bleibt, wie weit die Landesreserveliste zieht. Bei der letzten Bundestagswahl 2002 kam die CDU in NRW auf 35,1 Prozent. Von den 49 CDU-Abgeordneten aus NRW konnten 19 ihren Wahlkreis damals direkt gewinnen, 30 wurden über die Liste gewählt. Angesichts aktueller Umfrageergebnisse von 45 Prozent könnten im Herbst über 60 NRW-Christdemokraten in das Bundesparlament einziehen. Falls die Konservativen jedoch außergewöhnlich viele Wahlkreise direkt gewinnen, wären scheinbar sichere Listenplätze keine Garantie mehr für den Bundestagseinzug. Ein Abgeordneter aus dem Ruhrgebiet wollte davon nichts wissen. Vertraulich sagte er zu einem Kollegen: „Bis Platz 35 zieht die immer.“