Super-Mikroskop soll auf die Weide

Ein Tunnel von Bahren- bis nach Schenefeld: Unter der Osdorfer Feldmark soll ein gigantischer Röntgenlaser gebaut werden. Wie sich jetzt herausstellte, braucht er auch oberirdisch reichlich Platz: 25 Hektar sollen eingezäunt und bebaut werden

„Keine Gefährdung der Umwelt, auch nicht bei einer Betriebsstörung“

von Gernot Knödler

Der vom Deutschen Elektronen-Synchroton (Desy) entwickelte Röntgenlaser, der zwischen Bahrenfeld und Schenefeld gebaut werden soll, wird die Osdorfer Feldmark stärker beeinträchtigen als bisher bekannt: In seinem Zielgebiet soll ein 25 Hektar großes Gelände abgezäunt und mit mindestens einem Dutzend Gebäude bestückt werden. Von Schenefeld aus würde ein Fortsatz des umzäunten Areals bis zum Freibad Osdorf reichen und den Ostteil der Feldmark zerteilen. Die Altonaer SPD hat deshalb nun verlangt, den Rest der Feldmark von Wohnhäusern, Reithallen und Golfplätzen frei zu halten.

Für den Röntgenlaser – eine Art Supermikroskop (siehe Kasten) – soll ein 2,1 Kilometer langer Tunnel vom Desy-Gelände bis nach Schleswig-Holstein gebohrt werden. Statt wie in Bahrenfeld subatomare Teilchen im Kreis zu beschleunigen und aufeinanderknallen zu lassen, werden bei dem mehr als 670 Millionen Euro teuren Projekt XFEL die Elektronen in gerader Richtung beschleunigt. Unterwegs bringen die Forscher sie gruppenweise dazu, Lichtblitze von gleicher Wellenlänge zu erzeugen: Laserstrahlen. Am Osdorfer Born beginnt der Tunnel sich zu verzweigen. Die synchron strahlenden Elektronen werden nach Wellenlängen sortiert durch unterschiedliche Tunnel geschickt, bis sie in Schenefeld auf das zu untersuchende Material treffen. Ein in Bahrenfeld auf die Reise geschicktes, mit viel Aufwand beschleunigtes Elektronen-Paket kann auf diese Weise für verschiedene Messungen gleichzeitig verwendet werden.

Um die Anlage betreiben zu können, werden für den Start auf dem Desy-Gelände mehrere Gebäude errichtet, ebenso auf dem neuen Zielgelände bei Schenefeld. Dort soll in der ersten Ausbaustufe bis 2012 eine Experimentierhalle entstehen, in der mit Hilfe der eintreffenden Lichtblitze geforscht wird. Dazu kommen über den Verzweigungspunkten der Tunnels drei Hallen sowie Nebengebäude. In einer weiteren Ausbaustufe sollen diese Anlagen nochmal verdoppelt werden und Gebäude für weitere Forschungseinrichtungen dazukommen – alles auf dem 25-Hektar-Gelände.

„Wir wollen das schon so planen, wie es uns realistisch erscheint“, sagt Thomas Zoufal vom Desy, wo der Röntgenlaser entwickelt wurde. Da die Hallen im Zielgelände nah beieinander liegen, sollen sie nach den Vorstellungen des Desy alle zusammen umzäunt werden. Auch das Desy-Gelände in Bahrenfeld mit seinen 47 Hektar sei als gesamtes eingezäunt – einfach um die teuren High-Tech-Anlagen zu schützen. „Sie müssten sonst alle Hallen einzeln einzäunen“, gibt Zoufal zu bedenken.

Die Tunnel, in denen Leitungen verlaufen, die fast auf den absoluten Nullpunkt abgekühlt werden, liegen zwischen sechs und 38 Metern unter der Erde. Die Anlage könne ohne Risiken unter und in dicht besiedeltem Gebiet errichtet werden, versichert das Desy. „Von ihr geht keine Gefährdung der Umwelt aus, auch nicht bei einer eventuellen Betriebsstörung.“ Zwar erzeuge der Röntgenlaser ionisierende Strahlung, sodass Menschen nicht daneben stehen dürften, wenn er eingeschaltet sei. Die zur Erdoberfläche gelangende Strahlung sei aber „im Vergleich zu der überall vorhandenen natürlichen Strahlung vernachlässigbar gering“.

Wegen des großen Betriebsgeländes und weil die Hallen bis zu zwölf Meter hoch werden sollen, hat die SPD-Fraktion in der Altonaer Bezirksversammlung beantragt, die restliche Feldmark planrechtlich zu schützen. „Angesichts der Veränderungen, die dauerhaft durch das Bauvorhaben in der Osdorfer Feldmark entstehen, ist der Bezirk in der Pflicht, durch geeignete planungsrechtliche Instrumente den Natur- und Erholungsraum für die Zukunft zu sichern“, findet die Fraktion. Die Versammlungsmehrheit aus CDU und GAL lehnte diesen Antrag ab.

Auf Hamburger Gebiet ist die Feldmark bereits Landschaftsschutzgebiet. Das Projekt XFEL beansprucht hier lediglich knapp sieben Hektar. Der größte Teil wird auf schleswig-holsteinischem Gebiet gebaut.