heute in bremen: „Wir müssen viel verlernen“
Tabea Stumpe, Mduduzi Khumalo und Katharina Jung sind aktiv beim zivilgesellschaftlichen, performativen „PlusXKollektiv“ und bei der Plattform „GlobalMatch“, die Menschen aus dem Globalen Süden und Norden miteinander verbindet, um sich gemeinsam mit diversen Positionierungen einer komplexen globalen Gesellschaft auseinander zu setzen.
Interview Liz Mathy
taz: Inwiefern ist die herkömmliche Vorstellung von Entwicklung, die auf der Unterscheidung von entwickelten und nicht-entwickelten Ländern beruht, rassistisch?
Tabea Stumpe: Der Globale Norden definiert, wer als entwickelt gilt und wer nicht. Wir als Kollektiv haben dazu zwar eine Meinung, aber möchten diese nicht einfach als Statement in den Raum setzen, sondern mit der Bremer Zivilgesellschaft in einen Dialog hierzu treten.
Was ist rassismuskritische Entwicklungs- und Bildungspolitik?
Mduduzi Khumalo: Das ist für uns die Auseinandersetzung mit Intersektionalität in der Bildungspolitik. Entwicklungspolitik steht immer im Kontext des Kolonialismus. Deshalb ist es wichtig, sich zu fragen, inwiefern die heutige Entwicklungs- und Bildungspolitik immer noch in – bewussten wie unbewussten – rassistischen Handlungsmustern gefangen sind. Um dies aufzubrechen, ist es zum Beispiel nötig, dass Schwarze Menschen und Menschen of Color in ihrer Expertise für Transkulturalität anerkannt werden und wir von der Vorstellung wegkommen, dass Expert:innen sich durch ihren Universitätsabschluss auszeichnen. Denn Expertise ist auch in Erfahrung begründet.
Welche Ziele verfolgt rassismuskritische Entwicklungs- und Bildungspolitik?
Khumalo: Sie strebt eine Gesellschaft auf Augenhöhe und ein gutes Leben für alle an. Konkret heißt das, dass wir zunächst ein Bewusstsein entwickeln müssen für die kolonialen Kontinuitäten, die in unserer Gesellschaft vorhanden sind. Dafür müssen wir im Rahmen eines „Unlearnings“ auch vieles verlernen, was wir bisher gelernt haben. Hinzu kommt, dass Beschlüsse und Empfehlungen, die schon da sind, auch anerkannt werden müssen, sowie die UN-Dekade gegen Rassismus und Diskriminierung afrikanischer Menschen in Diaspora 2015-2024.
Welche Perspektiven auf das Thema kommen auf dem Podium zusammen?
Katharina Jung: Wir erfragen einerseits, wie Politiker:innen in der nächsten Legislaturperiode mit diesen Themen umgehen wollen. Dazu kommen Perspektiven aus dem zivilgesellschaftlichen Bereich, diverse, globale, akademische wie nichtakademische Perspektiven. Aber besonders wichtig sind uns die Perspektiven der Bremer:innen, mit denen wir in den Dialog treten und hierbei die Handlungsstarre, die Themen wie Diversität und Rassismus manchmal auslösen, benennen und überwinden wollen.
Podiumsdiskussion „Rassismus – kritische Entwicklung – und Bildungspolitik – Theater der Privilegierten“: ab 17.30 Uhr, Martiniplatz
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