SPD vergrault Migrant aus den eigenen Reihen

AUSSTIEG In Friedrichshain-Kreuzberg wechselt dritter migrantischer Politiker seit 2007 zu den Grünen

Er ist der vierte Mandatsträger, der seit 2007 zu den Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg wechselt: Dimitrios Goumagias, bis Mittwochabend BVV-Mitglied der SPD. 2007 trat der frühere WASGler Wolfgang Lenk über. Dann folgten die Sozialdemokraten Canan Bayram und Ersin Uluc. Für die SPD ist der erneute Verlust schmerzlich – denn damit flammt die Diskussion wieder auf, welche Rolle Migranten in der Partei spielen.

„Es ist kein Zufall, dass gerade wir drei Migranten aus der SPD ausgetreten sind“, sagt Goumagias der taz. Menschen mit Migrationshintergrund würden in der Partei immer wieder auf Widerstände stoßen. Diesen Umgang habe er nicht mehr ertragen, so Goumagias. Daneben sei das „Doppelspiel“ der SPD beim Thema Mediaspree ausschlaggebend für den Ausstieg gewesen – die vorgebliche Unterstützung des Bürgerentscheids durch den Bezirksverband und die konträre Position der Landes-SPD.

Die im Mai aus der SPD ausgetretene Neu-Grüne Canan Bayram teilt die Kritik Goumagias’. „In der SPD wird nicht auf Augenhöhe mit Migranten gesprochen.“ In Diskussionen hätten sich immer wieder subtile Diskreditierungen gezeigt, so Bayram. „Der Schritt von Goumagias überrascht mich nicht.“

SPD-Fraktionschef Andy Hehmke hält die Kritik für „vorgeschoben“. Für die Austritte seien individuelle Karrieregründe maßgeblich gewesen. Goumagias habe sich seit einem Jahr aus der Partei zurückgezogen. Es gebe in der SPD eine hohe Sensibilisierung für migrantische Anliegen. „Wir hatten zuletzt sogar einen deutlichen Mitgliederzugewinn von Migranten.“

Auch Raed Saleh, integrationspolitischer Sprecher der SPD, sieht eine migrantische Lobby in der Partei. Als erster Landesverband habe die SPD 1997 eine AG Migration gegründet. „Bei dem Thema ist die SPD weiter als andere.“ Seine Kollegin Bilkay Öney nennt die Kritik „lächerlich“. Die SPD engagiere sich mit ihrer Politik und in ihren Strukturen migrantenfreundlich. Öney wirft den Grünen vor, gezielt Mitglieder anderer Parteien anzuwerben. „Das ist schlechter Politikstil.“ Öney war im Mai von den Grünen zur SPD gewechselt.

Laut Antje Kapek, grüner BVV-Fraktionschefin, hat die Partei weder Goumagias angeworben noch ihm Posten versprochen. Der Wechsel sei vielmehr eine Bestätigung grüner Politik. KO