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Perspektivenwechsel

Abseits des Humbodt Forums laufen interessante Ausstellungen zu Raubkunst und Kolonialismus

Im Juli war es endlich soweit: Das Humboldt Forum im Zentrum Berlins öffnete seine Pforten für das Publikum mit gleich sechs verschiedenen Ausstellungen. Doch schon beim Durchqueren des Innenhofs wird man das mulmige Gefühl nicht los, dass das ganze Vorhaben trotz aller Bemühungen konzeptionell zum Scheitern verurteilt ist. Denn, dass „wir“ uns unter einem goldenen Kreuz in einem künstlich wieder aufgebauten Stadtschloss der preußischen Könige hinstellen, um die Welt anhand oftmals geraubter Objekte zu erklären, ist einfach nicht mehr zeitgemäß.

Lohnender ist da ein Blick über die deutsche Hauptstadt hinaus in Ausstellungen, die sich etwa mit Kolonialismus und Raubkunst beschäftigen. Nur noch bis Sonntag, den 29. August, ist im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum die konzeptionelle Schau „Invisible Inventories“ zu sehen. Sie folgt den Spuren Zehntausender historischer kenianischer Objekte, die während der britischen Kolonialherrschaft außer Landes gebracht und Teil europäischer und nordamerikanischer Museumssammlungen geworden sind – und fragt, was ihre Abwesenheit für Kenia und ihre Anwesenheit für die Museen bedeutet. Die gute Nachricht: Ab dem 6. Oktober zieht die Ausstellung ins Weltkulturen Museum Frankfurts a. M. weiter (bis 9. 1. 2022).

Ebenfalls in Frankfurt stellt die südafrikanische Installationskünstlerin Lungiswa Gqunta in der Ausstellung „Tending to the Harvest of Dreams“ im Zollamt des Museums für Moderne Kunst 30 Jahre nach dem offiziellen Ende der Apartheid die Frage nach dem Fortwirken des Kolonialismus. Stacheldraht wird dabei für die aus einem Township stammende Gqunta das zentrales Symbol für die bis heute andauernde Eingrenzung und Ausgrenzung der schwarzen Bevölkerung (bis 14. 11.).

In Wien dagegen will die kleine Ausstellung „Überleben im Bild“ im Photoinstitut Bonartes die Geschichten der Menschen erzählen, die der Forscher Felix von Luschan (1854–1924) in seinen „Typenfotografien“ aus aller Welt festgehalten hat. Der später ans Königliche Museum für Völkerkunde zu Berlin berufene Luschan galt als „liberaler“ Forscher, erst 2017 wurden die rund 4.000 Aufnahmen seiner privaten Sammlung entdeckt. Die Fotoschau versucht nun die ursprüngliche Absicht hinter den Aufnahmen umzudrehen: Statt die abgelichteten Menschen nur als naturwissenschaftliche Sammlungsobjekte zu betrachten, zeichnet sie ihre Biografien nach (bis 29. 10.).

In der Ausstellung „Extracting Zones“ im Museum der Kulturen Basel geht es indes um die weißen Flecken in der westlichen Wissensproduktion. Aus Boxen erklingen hier etwa seltsam klingende südafrikanische Namen für Pflanzen, denen wir später scheinbar objektive wissenschaftliche Bezeichnungen gaben – ohne jemals darüber nachgedacht zu haben, dass sie längst schon lokale Namen hatten (bis 17. 10.). (os)

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