9. weil Inklusion im digitalen Raum immer wichtiger wird

Im taz-Sommercamp haben wir gemeinsam gelacht, diskutiert und auch gestritten. Wir haben recherchiert, Forderungen erarbeitet, geschrieben. Kurzum: Wir haben teilgenommen am gesellschaftlichen Diskurs. Über Instagram sind wir auf das Sommercamp aufmerksam geworden. Die App der Deutschen Bahn hat uns die schnellste Verbindung nach Berlin gezeigt. Google Maps hat uns den Weg in das Redaktionsgebäude gewiesen.

Wir nutzen das Internet täglich. Es ist das Medium unserer Generation, ein Raum der unbegrenzten Möglichkeiten.

Bei all dem Enthusiasmus bleibt eine nüchterne Erkenntnis: Nicht alle haben diese Möglichkeiten – allen voran Menschen mit Beeinträchtigungen. So wie das Internet derzeit genutzt werden kann, verhindert es aktiv die Teilhabe von vielen Menschen in unserer Gesellschaft.

Die Defizite der Inklusion im analogen Leben setzen sich hier konsequent fort. Je mehr der digitale Bereich in unserem Alltag an Bedeutung gewinnt, desto dringender muss der Staat handeln. Vorlesefunktion, deutsche Gebärdensprache, leichte Sprache auf Internetseiten und in mobilen Applikationen – das müssen Selbstverständlichkeiten sein.

Die Ge­setz­ge­be­r:in ist sich dieser Problematik zwar bewusst. Bereits 2002 wurde mit dem Behindertengleichstellungsgesetz ein rechtlicher Rahmen für barrierefreien Zugang zu Internetauftritten der Verwaltungsbehörden formuliert. Doch passiert ist seitdem nicht viel. Nach fast zwei Jahrzehnten sind immer noch nicht alle Inhalte barrierefrei abrufbar. Das liegt an den halbherzigen Vorgaben: Denn laut der entsprechenden Verordnung müssen nur „wesentliche“ Inhalte für alle zugänglich sein. Welche Inhalte darunter fallen und welche nicht, das entscheiden jedoch allein die Behörden – die Betroffenen werden dabei nicht angehört. Völlig unverständlich ist, warum es diese Einschränkung heute überhaupt noch gibt.

Immerhin will die Politik künftig auch private Wirt­schafts­ak­teu­r:in­nen in die Pflicht nehmen, wie das brandneue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verspricht. Wie der Staat, der bislang so ein schlechtes Vorbild abgibt, eine konsequente Umsetzung gewährleisten möchte, bleibt mehr als fraglich.

Im Optimalfall könnte eine ausreichende Verpflichtung bewirken, dass auch Menschen mit Beeinträchtigung sämtliche soziale Netzwerke, Websites und Apps nutzen können. Sicher ist: Es muss sich endlich etwas verändern. Wir fordern eine Politik, die zukunftsorientiert neue Barrieren erkennt und beseitigt. Und zwar von der nächsten Bundesregierung.

Elisabeth Kuck, Hannah Pentz, Tom Gebel, Sina Aaron Moslehi