Rumäniens Regierung kündigt Rücktritt an

Premier nennt Scheitern der Justizreform als Grund. Beobachter: Wachsende Spannungen mit dem Präsidenten

BERLIN taz ■ Der liberale rumänische Ministerpräsident Calin Popescu Tariceanu hat am Donnerstag den Rücktritt seiner Regierung nach nur einem halben Jahr Amtszeit angekündigt. Grund, erklärte der Premier, sei das Scheitern der von der Regierung geplanten Justizreform. Das Verfassungsgericht hatte mehrere neue Gesetze für verfassungswidrig erklärt und damit einer Beschwerde der sozialdemokratischen Opposition Recht gegeben.

Mit der geplanten Reform sollte den Forderungen der Europäischen Union entsprochen werden, das Land für den 2007 angestrebten Beitritt fit zu machen. Mit der Justizreform sollten vor allem Richter politisch unabhängiger und die Einflussnahme von Parteien und Interessengruppen zurückgedrängt werden. Obwohl das Parlament den Reformen bereits zugestimmt hatte, muss nun das gesamte Gesetzespaket neu verhandelt werden.

Angesichts des angekündigten Rücktritts, der offiziell erst am 14. Juli erfolgen soll, und der sich daraus ergebenden Neuwahlen, dürfte nun der gesamte Reformprozess ins Stocken geraten und sogar den für 2007 angestrebten EU-Beitritt verzögern.

Mit der Ankündigung von Neuwahlen dürfte sich auch ein Wunsch des Präsidenten erfüllt haben. Staatschef Traian Basescu hatte sich nach seinem Amtsantritt Ende 2004 für Neuwahlen ausgesprochen, nachdem er das heterogene Wahlbündnis „Gerechtigkeit und Wahrheit“ an die Macht gehievt hatte.

Schon seit längerem berichten rumänischer Zeitungen von einer Eskalation der Spannungen zwischen Basescu und Tariceanu. Der Präsident soll seinem Premier gedroht haben, falls dieser nicht vorgezogenen Wahlen zustimme, seine Parteisoldaten aus der Koalition zurückzuziehen und somit die Tätigkeit des Kabinetts zu blockieren. Erst nach der Drohung Basescus, die Vertreter der Demokratischen Partei, die mit den Liberalen das Regierungsbündnis zusammenhalten, abzuberufen, soll sich Tariceanu dem Vorschlag des Präsidenten für Neuwahlen gefügt haben. Die fixe Idee Basescus, Neuwahlen durchzuführen, beruht auf der Vorstellung, durch ein neues Parlament ein stärkeres Mandat für ein künftiges Regierungsbündnis zu erhalten.

Laut Verfassung können Neuwahlen nur stattfinden, wenn das Parlament innerhalb von 60 Tagen zweimal nacheinander eine neue Regierung ablehnt. Erst danach ist der Präsident befugt, die Legislative aufzulösen und Neuwahlen anzuordnen.

WILLIAM TOTOK