BERNHARD GESSLER STETHOSKOP
: Sie müssen Ihr Leben verändern

Millionen Menschen in unserem Land leiden an Diabetes. Die Wohlstandsvariante Typ-2-Diabetes kann nur eindämmen, wer sein Gewicht reduziert

Herr Doktor, hab ich Zucker?“ Diese bange Frage hört man als Internist und Hausarzt fast jeden Tag. Blutzucker haben wir alle, Diabetes mellitus – Gott sei Dank – nur eine Minderheit. Wenn auch eine große Minderheit von Millionen Menschen allein in unserem Land. Und die Häufigkeit dieser Erkrankung steigt weltweit an. Man spricht treffend von einer Diabetes-Epidemie.

Übersetzt heißt Diabetes mellitus „honigsüßer Durchgang“. Der Begriff stammt noch aus den heroischen Zeiten der Medizingeschichte, als die Doctores durch den süßen Geschmack des Urins der Diabetiker zur Diagnose kamen. Es gibt zwei Hauptformen des Diabetes, den Typ-1-Diabetes und den Typ-2-Diabetes. Sie unterscheiden sich in Ursache und Therapie zum Teil erheblich: Der Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, d. h. eine Fehlsteuerung des körpereigenen Immunsystems. Die Patienten, in der Regel Jugendliche und junge Erwachsene, brauchen von Anfang an Insulin.

Der Typ-2-Diabetes ist hauptsächlich eine Wohlstandskrankheit. Hier gibt es zwar eine starke genetische Veranlagung (Prädisposition). Damit die Erkrankung jedoch ausbricht, müssen in der Regel noch Übergewicht und Bewegungsmangel hinzukommen. Die Häufigkeit des Typ-2-Diabetes steigt mit dem Lebensalter an. Leider kann diese Diabetesform aber auch bei Kindern und Jugendlichen manifest werden, wenn durch Fast Food, süße Getränke und Bewegungsmangel deren Körpergewicht explodiert.

Die Therapie der Volkskrankheit Typ-2-Diabetes erfordert in erster Linie Maßnahmen, die zu den schwierigsten Herausforderungen der Inneren Medizin gehören. Der Patient wird im Wortsinne heraus-gefordert: Gefordert wird von ihm, dass er aus liebgewonnenen Gewohnheiten heraustritt. Dies betrifft die Art, was und wie viel er isst, wie oft und wie viel er sich bewegt, wie er seine Freizeit verbringt – und wie er sich entspannt.

Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die Gewichtsabnahme, bei der oft nur wenige Kilo ausreichen, um die Medikamentenbedürftigkeit zu reduzieren oder gar ganz aufzuheben. Es ist hilfreich, wenn auch die die neuen Lebensregeln vermittelnde Diabetesberaterin oder der Arzt schlank und sportlich sind. Ein Anspruch, dem freilich nicht alle Diabetologen gerecht werden. Aber ab nächsten Monat wird bei mir alles anders: Die Anmeldung im Fitness-Studio ist erfolgt!

■ Der Autor ist Internist in Karlsruhe Foto: privat