Hartz jetzt auch im Rückwärtsgang

Im Zuge des VW-Skandals macht Personalvorstand Peter Hartz ein Rücktrittsangebot, das Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sofort annimmt. Wulff trägt Hartz Wahlkampfhilfe für die SPD in den 1990er-Jahren nach

AUS HANNOVER JÜRGEN VOGES

Volkswagen-Personalvorstand Peter Hartz, der Namensgeber der ungeliebten rot-grünen Arbeitsmarktreformen, verliert selbst seinen Job. Hartz mochte gestern den Angriffen gegen seine Person im Zusammenhang mit der jüngsten VW-Affäre nicht länger trotzen und bot dem Volkswagen-Aufsichtsrat seinen Rücktritt an.

Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der das Land Niedersachsen als größten VW-Anteilseigner im Aufsichtsrat vertritt, antwortete auf das Rücktrittsangebot postwendend mit einem lauten Ja. „Ich bin für die Annahme des Rücktrittsgesuches mit sofortiger Wirkung“, erklärte der CDU-Politiker über die Staatskanzlei in Hannover, ohne ein Dankeswort für Hartz zu finden. Stattdessen forderte Wulff den zurückgetretenen VW-Betriebsratschef Klaus Volkert auf, auch auf sein Aufsichtsratsmandat zu verzichten.

Hartz selbst erklärte, er wolle durch sein Rücktrittsangebot „weiteren Schaden vom Unternehmen“ abwenden. Es gehe um mehr als um seine Person, nämlich „um die Reputation von Volkswagen, der ich mich besonders verpflichtet fühle“. Er betonte zugleich, dass der Vorstand von Volkswagen mit seiner vollen Unterstützung die Aufklärung der jüngsten Skandals um die von VW-Mitarbeitern gegründete Firma F-BEL betrieben habe. „Wir haben Strafanzeige erstattet und die Wirtschaftsgesellschaft KPMG mit der Klärung aller Hintergründe beauftragt“, erklärte der Nochpersonalchef.

Über den Rücktritt von Hartz muss nun noch der Volkswagen-Aufsichtsrat entscheiden – vor allem nach der Erklärung von Wulff kann die Annahme der Demission allerdings als sicher gelten. Der Ministerpräsident hatte Hartz bereits im Zusammenhang mit der Affäre um Gehaltszahlungen von VW an SPD-Landtags- und Bundestagsabgeordnete persönlich angegriffen. Wulff stellte sich außerdem öffentlich gegen die Ehrenerklärung, die VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch noch vergangene Woche für Hartz abgegeben hatte.

Die Abneigung zwischen dem CDU-Politiker und dem Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nahe stehenden Sozialdemokraten Hartz hat bereits Tradition. Der VW-Personalvorstand machte sich 1993 mit der Einführung der so genannten 4-Tage-Woche einen Namen, die 20.000 in den deutschen VW-Werken drohende Entlassungen verhinderte. Die sozialpartnerschaftliche Politik von Hartz lieferte zugleich dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder, der als selbst ernannter „Automann“ seinen niedersächsischen CDU-Herausforderer Wulff 1994 und 1998 jeweils mit absoluten SPD-Mehrheiten besiegte, wichtige Wahlkampfargumente.

Im Zusammenhang mit dem aktuellen Skandal ist Hartz in die öffentliche Diskussion geraten, weil der Vorstand dem Betriebsrat größere Budgets zur Verfügung gestellt und die Verwendung nicht näher kontrolliert haben soll. Hartz selbst hat Vorwürfe zurückgewiesen, der Vorstand habe versucht, Betriebsräte durch Vergünstigungen kompromissbereit zu stimmen.

Laut einem ehemaligen VW-Aufsichtsrat, den die Süddeutsche Zeitung zitiert, soll es künftig keinen Konzern-, sondern nur noch einen VW-Arbeitsdirektor geben. Als aussichtsreichen Kandidaten für diesen Posten nennt das Blatt Klaus Dierkes, den Vorstandschef der Wolfsburg AG, eines gemeinsamen Unternehmens von VW-Aktiengesellschaft und Stadt.

In der VW-Affäre ist gestern außerdem ein möglicherweise brisantes Schriftstück an die Öffentlichkeit gekommen. Die Berliner Zeitung berichtete über einen ihr vorliegenden Vertrag, der angeblich belegt, wie der frühere Skoda-Personalchef Helmuth Schuster versucht haben soll, auf Kosten von VW zusätzliches Einkommen zu erzielen.