Wirklich die Hosen runterlassen

Katrin Wichmann wusste schon als Kind, dass sie Schauspielerin werden will, Daniel Hoevels nennt sich dagegen einen Spätzünder. Ab der kommenden Spielzeit gehören beide zum festen Ensemble des Thalia-Theaters

„Geht es um eine Szene, darf Kritik kein Problem sein, sonst muss man einen anderen Beruf wählen“

Interview: Carolin Ströbele

Katrin Wichmann (27) spielt in der kommenden Spielzeit in der Inszenierung von Armin Petras‘ Das Versprechen, Daniel Hoevels (ebenfalls 27) ist in Antigone unter der Regie von Christine Eder zu sehen. Mit der taz sprachen sie über Premierenangst, Kantinenessen und Hartz IV.

taz: Habt ihr schon ein Lieblingsessen in der Thalia-Kantine?

Katrin Wichmann: So oft hab ich dort noch nicht gegessen. Aber ich habe gehört, sie machen eine ganz gute Sülze.

Daniel Hoevels: (grinst) Wenn man‘s gerne gut bürgerlich mag, ist man da ganz richtig.

Wie war eure erste Reaktion, als ihr das Angebot für das Thalia-Ensemble bekommen habt?

Wichmann: Ich war total glücklich und bin mit meinem Sohn Kuchen essen gegangen! Für mich war es ein richtiger Segen, als das Angebot im Januar kam. Ich wusste damals echt nicht, wie es weitergehen soll. Mit Hartz IV hätte ich wahrscheinlich nur noch 400 Euro zum Leben gehabt.

Wenn ihr euch mit drei Eigenschaften beschreiben solltet, welche wären das?

Hoevels: Ich würde mich auf jeden Fall als ungeduldig beschreiben.

Wichmann: (ruft dazwischen) Ich mich auch!

Hoevels: Ich bin neugierig und glaube, die Leute schätzen mich immer anders ein, als ich mich selbst sehe.

Wichmann: Ich bin begeisterungsfähig, lache gerne – und vielleicht bin ich auch ein bisschen anstrengend.

Wie seid ihr zur Schauspielerei gekommen?

Hoevels: Ich war eher ein Spätzünder. In der Schule habe ich zwar viel Theater gespielt, nach dem Abitur habe ich mich aber entschieden, Politik zu studieren. Nach zwei Jahren kam dann der Wunsch, es mit der Schauspielerei wieder zu probieren. Ich hatte den Eindruck, dass ich mir das schuldig bin. Es war eine große Mutfrage und ich glaube, ich musste erst so alt werden, um das zu versuchen.

Wichmann: Ich wollte schon immer Schauspielerin werden. Mit 16 habe ich zum ersten Mal an der Schauspielschule vorgesprochen, mit 18 habe ich dann in Hannover angefangen – als Jüngste meines Jahrgangs.

Als Gäste standet ihr auch vorher schon auf der Thalia-Bühne – welches Stück war das Wichtigste für euch?

Hoevels: Auf jeden Fall White Trash mit Andreas Kriegenburg. Sieben Wochen Probenzeit, in denen wir Schauspieler die ganze Idee mit dem Regisseur entwickelt haben – faszinierender geht es nicht!

Wichmann: Bei mir waren es Die Ratten mit Armin Petras, weil ich ihn so schätze. Außerdem war es ein Geschenk für mich, dass ich Jorinde Dröse kennen gelernt habe (im Stück Dies ist kein Liebeslied, d. Red.).

Wie beruhigt ihr Euch am Tag vor einer Premiere?

Hoevels: Ich laufe ziellos durch die Stadt und versuche, frische Luft zu kriegen.

Wichmann: Meistens putze ich.

Wie geht ihr mit Kritik um?

Wichmann: Wenn es um eine Szene geht, darf Kritik kein Problem sein, sonst muss man einen anderen Beruf wählen. Aber oft macht der Ton die Musik. Wenn es heißt: „Du kannst es nicht“ ist das natürlich schon verletzend. Meistens wird Kritik aber so formuliert, dass man selbst über sich lacht und denkt: „Klar, das war echt gerade ein bisschen kitschig.“

Hoevels: Aber auch wenn man Arbeit und Person gedanklich genau trennt, verwischen die Grenzen immer wieder und man fragt sich: „Muss man sich als Person angegriffen fühlen oder nicht?“

Was bedeutet Erfolg für euch?

Wichmann: Das Gefühl zu haben, dass ich meine Arbeit gut mache. Das kann mir keiner nehmen – auch wenn alle andere die Inszenierung blöd finden. Wenn ich aber nicht richtig hinter etwas stehe, dann kann mir das keiner schönreden, auch wenn es alle ganz toll finden. Es ist leider oft so, dass man gerade bei den Sachen positive Resonanzen bekommt, bei denen man nicht so wirklich die Hosen runtergelassen hat.

Hoevels: Für mich bedeutet Erfolg schon auch Bestätigung von außen – ob das jetzt Freunde sind, Kollegen oder Presse- und Publikumsreaktionen. Ich finde es toll, wenn man merkt: Das, womit man sich beschäftigt, interessiert und wird geschätzt.

Was sagen denn eure Freunde zu eurem Beruf?

Hoevels: Viele meiner Freunde finden Theater langweilig. Die nerven mich immer, ich soll doch mal einen Film machen, weil sie mich auch mal sehen wollen.

Wichmann: Genau. Viele Leute, die man kennen lernt, sagen: „Mach‘ doch mal eine Serie.“ Das ist für die hochrangiger als Theater. Verbotene Liebe ist das Tollste.