unterm strich
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Erfolg in Frankreich: Thomas Ostermeiers Inszenierung „Zerbombt“ von der Berliner Schaubühne ist am Samstag in Avignon mit Bravorufen gefeiert worden. Letztes Jahr war der Regisseur in die Leitung des Festivals aufgenommen worden und brachte gleich vier Aufführungen der Schaubühne nach Avignon. Offenbar hält das Publikum ihm die Treue. Dabei ist das Stück „Zerbombt“ der englischen Autorin Sarah Kane ein harter Brocken, thematisiert es doch die Gewalttätigkeit der Menschen und die Grausamkeiten des Krieges. Die Inszenierung schont den Zuschauer nicht, wenn auch der Griff in die Eingeweide stets auf der Ebene der Sprache bleibt. Spürbar wird aber auch, wie hinter dem gewaltsamen Geschehen ein großer Hunger nach Sinn und die Trauer um das verlorene Vertrauen in den Menschen ausbricht.

Durchgefallen beim Publikum ist dagegen der belgische Choreograf und bildende Künstler Jan Fabre, der Ostermeier dieses Jahr als Co-Intendant des Festivals von Avignon folgte.

Seine Eröffnungsinszenierung „L’Histoire des larmes“ (Die Geschichte der Tränen) erntete Pfiffe und Buhrufe. Die eigens für das Festival kreierte Tanztheaterproduktion handelt vom Menschen, der seinen Körper negiert und nur noch Gesetzen und Konvention folgt. Jan Fabre ist es allerdings gewohnt, Empörung als Zeichen dafür zu werten, dass er noch immer Konventionen zu verletzen weiß. Er folgt seinem Ruf als Provokateur ebenso wie Ostermeier. Diesmal ließ er zwei Stunden lang seine Tänzer, mal angezogen, mal nackt, auf Leitern klettern, mit Kissen auf dem Kopf wild über die Bühne rennen und in Glasflaschen pinkeln.

Die offizielle Eröffnung des renommierten Festivals am Freitagabend hatte mit einem Eklat begonnen: Frankreichs Kulturminister Renaud Donnedieu de Vabres musste eine Viertelstunde lang gegen ihn gerichtete Proteste über sich ergehen lassen. „Minister raus“-Rufe erschallten. Der Grund: Seit mehr als zwei Jahren kämpfen Frankreichs technische und künstlerische Saisonarbeiter gegen die Reform der Arbeitslosenversicherung. Im Jahr 2003 führten ihre Streiks sogar zur Absage des Festivals von Avignon.