Plakat-Polemik soll weg

Stadt und Verkehrsbetriebe Hannover sollen demagogische Anti-Grünen-Plakate entfernen, verlangt eine Initiative. Dem Vermarkter Ströer wirft sie Doppelstandards vor

Die Grünen als Buhmann: Plakat von Conservare Communications Foto: Nicolas Amer/dpa

Von Sarah Zaheer

Welke Sonnenblumen auf grünem Hintergrund: Plakate mit Aufschriften wie „Klimasozialismus“ und „Wohlstandsvernichtung“ zieren derzeit über 50 Großstädte. Mit der Kampagne #GrünerMist warnt eine AfD-nahe Lobbyorganisation vor einer grünen Regierungsbeteiligung. In Hannover fordert die Initiative „Rote Karte gegen die AfD“ nun in einem offenen Brief die Stadt und die Verkehrsbetriebe dazu auf, die Plakate zu entfernen.

„Es ist unerträglich, wie der öffentliche Raum mittlerweile durch rechte Hetze eingenommen wird, Falschbehauptungen aufgestellt werden können und dies schweigend und achselzuckend von Ent­schei­dungsträge­r*in­nen hingenommen wird“, sagt Saskia Radig, Sprecherin von „Rote Karte gegen die AfD“. Die Initiative hat sich im Juni gegründet, um die AfD bei den Bundestags- und Kommunalwahlen in Niedersachsen zu beobachten und ihren Wahlkampf zu stören.

Hinter der Kampagne #GrünerMist verbirgt sich nicht direkt die AfD: Verantwortlich ist die Hamburger Firma Conservare Communications. Deren einziger Gesellschafter ist Ex-CSUler David Bendels, der enge Kontakte zu AfD-Politiker:innen pflegt und Vorsitzender des „Vereins zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten“ ist. Zudem ist Bendels Chefredakteur des rechten Blatts Deutschland-Kurier, in dem dazu aufgerufen wurde, die AfD zu wählen.

In ihrem offenen Brief wenden sich die Ak­ti­vis­t:in­nen an die Stadt Hannover, die Verkehrsbetriebe Üstra, deren Tochtergesellschaft X-City Marketing und den internationalen Werbevermarkter Ströer. Darin heißt es, dass Hannover sich als moderne, offene und tolerante Stadt gebe und daher im besonderen Maße verpflichtet sei, den „großflächig plakatierten Hass und Hetze im Stadtbild zu bekämpfen“. Die Initiative verlangt, die Plakate zu entfernen und die Zusammenarbeit mit Ströer einzustellen.

Dass die Plakate auch an Haltestellen und Bahnhöfen hängen, bedeute nicht, „dass sich die Üstra oder die Infrastrukturgesellschaft mit dem Inhalt identifiziert“, versichert Üstra-Pressesprecher Udo Iwannek. Die Anlagen der Stadtbahn – und somit auch die Plakatflächen in den Stationen – gehören der Infrastrukturgesellschaft Region Hannover. Die Plakatflächen werden von der X-City Marketing vermarktet, die zur einen Hälfte der Üstra und zur anderen Ströer gehört.

Seebrücke Hamburg twitterte, dass Ströer Plakate nicht veröffentlicht habe, weil sie einen „politischen Appell“ beinhaltet hätten

Üstra-Sprecher Iwannek sagt, dass Ströer Werbung nur dann ablehnen könne, „wenn diese gegen geltende Gesetze verstößt oder beispielsweise von einer Partei stammt, deren Verfassungsfeindlichkeit festgestellt ist“. Die Seebrücke Hamburg hingegen twitterte am Freitag, dass Ströer Plakate der Gruppe in der Vergangenheit nicht veröffentlicht habe, „weil sie einen politischen Appell“ beinhaltet hätten. „Rote Karte gegen die AfD“ kritisiert das Kölner Werbeunternehmen diesbezüglich: „Es scheint ganz so, als käme es für Sie vor allem darauf an, aus welcher Richtung der ‚politische Appell‘ kommt“, schreibt die Initiative in ihrem Brief.

Die Stadt Hannover mit ihrem grünen Oberbürgermeister Belit Onay sagte der taz, dass sie die Forderungen der Initiative prüfe. „Als Stadtverwaltung ist es grundsätzlich nicht unsere Aufgabe, uns zu politischen Kampagnen zu verhalten“, sagte Pressesprecher Christian von Eichborn. Die Grünen können nach eigenen Angaben rechtlich nicht gegen die Schmierkampagne vorgehen – weshalb die Werbetafeln wohl bleiben werden.

Üstra-Sprecher Iwannek hat einen pragmatischen Vorschlag: „Jeder Fahrgast, der an den Plakaten Anstoß nimmt, hat am Wahltag die Möglichkeit, mit seiner Stimme zu zeigen, was er von demagogischer Werbung hält“, sagt er.