Rechtlich bedenklich

Pro Asyl kritisiert das Vorgehen der Behörden bei einer Sammelabschiebung vom Düsseldorfer Flughafen

KÖLN taz ■ Das Vorgehen der Behörden bei einer Sammelabschiebung Ende Juni vom Flughafen Düsseldorf hält die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl in einigen Punkten für „rechtlich bedenklich“. Unter anderem soll eine Frau eine Beruhigungsspritze bekommen haben und später genötigt worden sein, eine Tablette zu schlucken. So eine Medikamentierung wider Willen sei grundsätzlich „höchst fragwürdig“, so der rechtspolitische Referent von Pro Asyl, Bernd Mesovic. Der Flüchtlingsrat NRW hatte sechs Fälle der am 28. Juni nach Istanbul abgeschobenen 70 Menschen dokumentiert (taz berichtete).

Als inakzeptabel bezeichnet es der Pro-Asyl-Experte zudem, dass die Ausländerbehörde Herne bei demselben Fall mehrere ärztliche Gutachten ignorierte, die vor einer Suizidgefahr bei Zwangsabschiebung warnten. Stattdessen habe der Amtsleiter einfach „nach Aktenlage“ selbst entschieden, dass die Frau „flugreisetauglich“ sei, heißt es in der Dokumentation des Flüchtlingsrats. „Das kann der gar nicht beurteilen“, kritisiert Mesovic. Ebenfalls kein Verständnis habe er dafür, dass die Untersuchung der Frau am Flughafen nach Aussage ihrer Anwältin lediglich darin bestand, dass ihr ein Arzt den Blutdruck gemessen habe. „Wenn das stimmt, ist das rechtlich und medizinisch fahrlässig.“

Insgesamt sieht Mesovic – wie der Flüchtlingsrat NRW – bei den Behörden eine zunehmende Tendenz, gesundheitliche Gründe, die einer Abschiebung im Wege stehen, herunterzuspielen. „Es gibt die Vulgärhaltung: ‚Das sind doch alles Simulanten.‘“ Gerade die Ausländerbehörden in NRW seien seit Jahren dafür bekannt, so Mesovic, dass sie oft mit Ärzten arbeiten, die die Reisefähigkeit der Flüchtlinge in ihrem Sinne feststellten: „Das sind meist natürlich qualitativ schlechte Gutachten, die keinerlei wissenschaftlichen Standards entsprechen.“ SUSANNE GANNOTT