wortwechsel
: Blick in Vergangenheit und Zukunft

Was heißt Heimat, wie Vergangenheit aufarbeiten? Wir müssen nachhaltiger werden, ist Gas eine gute Überbrückung? Und manchmal hat es die taz nicht so mit Geografie

Freier Zugang zu öffentlichen Toiletten betrifft die Würde des Menschen Foto: imago

Zugang zu Toiletten

„Als Teenager musste ich immer zu Hause bleiben“, taz vom 24. 7. 21

Saskia Pasings Würde könnte mit dem erhöhten Zugang zu öffentlichen Behindertentoiletten unantastbarer sein. Für viele Menschen führt das knappe Angebot an öffentlichen Toiletten zu Situationen, in denen sie in ihrer menschlichen Würde erheblich angetastet werden. Auch mit Reizdarm, Inkontinenz, psychischen Erkrankungen und unerwartetem Harndrang und Durchfall kann es zu Darm- und Blasenentleerung im öffentlichen Raum kommen.

Mit dem Hinweis auf den Würde­grundsatz, den das Grundgesetz der BRD zusichert, initiierte ich vor zwei Jahren eine Petition an den Bundestag. Ich bat, alle Toiletten in den Gebäuden des ­öffentlichen Dienstes, in allen Behörden für alle Menschen zugänglich zu gestalten. Die Fachkraft der zuständigen Zulassungsstelle für Petitionen schrieb mir, eine solche Aktion würde in die Verantwortung der einzelnen Länder fallen und der Bundestag könne sich damit nicht befassen. Dann hörte ich nie mehr was davon. Diese staatlichen Ressourcen sind überall vorhanden. Sie müssen nur ge­öffnet werden. Am besten 24 Stunden für alle Menschen.

Eveline Mai-Rauch, Marxzell

Leser über Leser

„Frieden mit Russland; Solidarität mit Kuba?“, Leserbriefe

In letzter Zeit bin ich immer wieder überrascht über die LeserInnenmeinung in der taz. Da wird Frieden mit Russland und Solidarität mit Kuba eingefordert. Klar, Frieden und Solidarität sind toll. Aber warum soll ich mich mit Regierungen solidarisieren, die Menschenrechte mit Füßen treten, Meinungs- und Kunstfreiheit verkennen oder eine aggressive Außenpolitik verfolgen und damit Leid und Tod bringen. Solidarität mit der Bevölkerung, mit den politisch Verfolgten, den JournalistInnen oder Leuten, die ­einfach ihr Leben leben wollen, immer gerne. Aber Solidarität mit solchen Regierungen? Das kann nicht euer Ernst sein.

Lukas Daubner, Berlin

„Levys Testament“

„Alles ist Jetzt“, taz vom 17. 7. 21

Allein der redaktionellen Entscheidung, diesem Roman unter Themen auch den #Antisemitismus zuzuordnen, muss heftig widersprochen werden.

Warum? Weil die Rezensentin den Kardinal­fehler machte, in diesem Buch nach etwas zu suchen, was es – ihrer Meinung nach – liefern sollte (eine Auseinandersetzung mit dem Holocaust). Sie ist auch noch so unverschämt, der Autorin nicht nur das von ihr Nicht-Gefundene als „Leerstelle“ vorzuwerfen, sondern auch noch Vermutungen über das Motiv des Weglassens anzustellen. „Es muss nicht Antisemitismus sein, der ­dahintersteckt …“ Wenn wir anfingen, an der ­Weltliteratur ihre jeweiligen ­Aspekte als „Leerstellen“ zu bekritteln und diese nach eigenem Gusto füllen wollten – gute Nacht!

Roswitha Quadflieg, Berlin

Ungenauigkeiten

„Das Leben auf rutschigem Boden“,

taz vom 24. 7. 21

Meinem Vertrauen in geschichtliche und geografische Einordnungen in der taz tut es gehörigen Abbruch, wenn ich mit Fehlern und Ungenauigkeiten dieser Art konfrontiert werde: Die Möhnetalsperre liegt nicht „in der Nähe von Mülheim an der Ruhr“, sondern etwa 100 Kilometer östlich davon.

Die Sperrmauer wurde 1943 von der ­britischen Royal Air Force bom­bardiert. Die bis zu 1.600 Todesopfer der Flut starben nicht in der Region von Mülheim, wo die Flutwelle abgeschwächt ankam, sondern überwiegend im sauerländischen Neheim und den angrenzenden Gemeinden. Unter den Opfern waren etwa 1.000 Zwangsarbeiter und Kriegs­gefangene der Nazis. David Kupitz, Bünde

Transgender

„Das Gesetz bedeutet Leid und muss verändert werden“, taz vom 29. 7. 21

Ich bin selber transgender und freue mich über jeden Artikel mit einer Trans*-Thematik. Ich war dann doch sehr schnell überrascht, irritiert und dann auch sehr verärgert über ihre Art der Fragestellung. Ich verstehe Ihre Intension nicht so ganz. Soll das investigativer Journalismus sein? Mein Empfinden ist, dass Sie mit Ihren Fragen eher das Meinungsspektrum rechter Berichterstattung bedienen, und das in der taz. Oder „besorgte“ Eltern.

Als transgender ist die binäre Weltordnung sehr besorgniserregend. Sie fragen, ob denn Menschen ihre Geschlechter wie Hüte wechseln sollen? Warum denn nicht? Künstler machen das schon immer, viele Menschen empfinden eine große Lust daran. Ob sie deswegen zum Amt für eine Namensänderung oder eine Transition machen müssen? Ich für mein Teil brauche das nicht, viele aber schon. Nach teilweise jahrzehntelangen inneren Kämpfen, Depressionen, Selbstverletzungen, Zweifeln, weil es keine positiven Vorbilder gibt. Die ihr inneres Bild bestätigen, ja Du bist ein toller, wertvoller Mensch. Wer diesen Weg wählt, wechselt nicht einfach so sein Geschlecht, sondern ist sich seiner selbst sehr, sehr bewusst. Und dann das Zitat, das hier Menschen eine Ideologie aufgezwungen werden soll. Warum dieses Zitat? Das kommt doch auch eher aus der konservativen Ecke, die Ecke, die seit Hunderten von Jahren selber einer Ideologie folgt, diese aber gerade im Moment wieder biologisiert und aus der all das Grauen kommt, das Minderheiten wie ich täglich erleben.

Renée Neumann, Köln

Fragen zulassen

„Impfen ist immer noch wirksam“, taz vom 23. 7. 21

Im Artikel wird festgehalten, dass „in Großbritannien vier von zehn Spitaleinweisungen zweimal geimpft sind“. Wenn mittlerweile etwas mehr als vier von zehn Personen in Großbritannien zweimal geimpft sind, dann kommen mir über die Wirksamkeit der Impfung doch einige Fragen auf. Ich weiß auch nicht, warum der Schreiber von „nur geringgradigen Symptomen bei Ge­impften“ spricht, handelt es sich doch um Spital­eintritte.

Obiger Artikel dünkt mich, doch recht forciert die eigene oder diejenige Meinung der Behörden rechtfertigen zu versuchen, statt auch Fragen ehrlich zuzulassen. Von der taz war ich in der Vergangenheit anderes gewohnt.

Fabrizio Verga, Einsiedeln, Schweiz

Nachhaltigkeit

„Lang lebe das E-Bike“,

taz vom 29. 7. 21

Nachhaltigkeit können wir leider gar nicht, und es müsste schon wer eine ­Revolution anzetteln, dass wirklich Umwelt berücksichtigt wird.

Es sind leider nicht nur E-Bikes und ­E-Tretroller, aber das Problem sind heute mehr noch Haushaltsgroßgeräte, die die Jugend und Fortgeschrittene beim ersten Mucken nicht mehr instandsetzen ­lassen, sondern sofort Ersatz kaufen und über eBay entsorgen. Irgendein dummer Schrauber wird’s ja richten. Eine fürchterliche Unsitte von praktischem Ex und Hopp und Ressourcenvernichtung.

Harald Heinz, Ensdorf

Nord Stream 2

„Eine Brücke ins Nichts“, taz vom 24. 7. 21

Bei allem Für und Wider in der Gas-­Diskussion wurde ein Aspekt gar nicht oder in Nebensätzen erwähnt: Gaskraftwerke zur Stromerzeugung sind in 30 Minuten im Netz und daher ideal geeignet für die Energiewende, wo der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Sie erleichtern den verstärkten Ausbau der regenerativer Energien. Darüber hinaus müsste inzwischen jedem klar sein, dass der Kampf gegen Nord Stream 2 dazu dient, unsere Abhängigkeit von US-amerikanischen Frackinggas zu erhöhen. Alle meine Sympathien sind bei den LNG-Demonstranten in Brunsbüttel. Klaus Fietzek, Bornmheim