Welle ohne Lock­down?

Wissenschaft erwartet hohe Neuinfektionen – schon vor Oktober

Berlins SPD-Vorsitzende Franziska Giffey hält einen neuen Lockdown auch im Falle steigender Coronazahlen nicht für das richtige Instrument. Planungssicherheit und Perspektiven seien ganz entscheidend für viele Branchen von der Wirtschaft über die Messebranche bis hin zur Kultur. „Schon jetzt muss entschieden und vorbereitet werden, was nächstes Frühjahr stattfinden soll“, sagte die Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Abgeordnetenhauswahl am 26. September der Deutschen Presse-Agentur. „Diese Planungssicherheit bekommen wir durch die drei Gs: getestet, genesen, geimpft.“ Wer keins davon sei, der könne dann an Messen oder anderen Veranstaltungen eben nicht teilnehmen.

Heute sei die Situation mit den Test- und Impfmöglichkeiten eine völlig andere als im Vorjahr oder noch zum Jahresanfang, sagte Giffey weiter. „Wir sind über das Mittel des Lockdowns hinaus.“ Das gilt nach Einschätzung Giffeys auch für die Schulen. „Wir müssen alles daran setzen, dass Schulen und Kitas nach den Ferien wieder normal öffnen können, der Präsenzunterricht wieder voll läuft.“ Die frühere Familienministerin erinnerte daran, dass sich auch hier vieles verändert habe, es regelmäßige Tests gebe und ein Großteil der Lehrer geimpft sei.

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop warnte davor, Erfolge im Kampf gegen Corona leichtfertig aufs Spiel zu setzen. „Auf der jetzigen Impfquote dürfen wir uns nicht ausruhen. Die letzte Meile beim Impfen ist jetzt entscheidend“, sagte die Grünen-Politikerin am Samstag.

In Berlin hatte am Wochenende der erste Drive-in für Corona-Impfungen zahlreiche Interessenten angelockt. Auf einem Parkplatz an der Landsberger Allee in Lichtenberg bildeten sich bereits am Samstagvormittag Warteschlangen. Dort konnten sich Menschen auch ohne Termin impfen lassen.

Laut Coronaagebericht des Landes haben bislang 58,3 Prozent der Berliner Bevölkerung mindestens eine Impfung erhalten. 43,9 Prozent haben einen vollständigen Impfschutz. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Sonntag mit 15,8 Ansteckungen je 100.000 Einwohner über der, der Vortage.

Wis­sen­schaft­le­r*in­nen der Technischen Universität Berlin (TU) werten den Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenzen als „beunruhigend“. Die Gruppe erwartet anhand von Modellierungen eine vierte Welle, die auch an Krankenhäusern nicht vorbeigeht. „Laut unseren Simulationen wird im Oktober ein exponentieller Anstieg bei den Krankenhauszahlen starten. Falls die derzeitige Entwicklung anhält, wird dies sogar früher beginnen und sich im Oktober dann nochmal verstärken“, heißt es im neuen Bericht der Gruppe um den Mobilitätsforscher Kai Nagel. (dpa)