aus der mensa: streit unter mitessern von HARALD KELLER
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Hohn und Häme bilden den Treibstoff, der die Kommunikation der ergrauten Herren und gefärbten Damen am Mensatisch in Schwung hält. Den passiv sportbegeisterten Old Wabble erwartet kein Mitleid, als er weh die fleischigen Wangen hängen lässt, weil der örtliche Fußballclub in der heimischen Hartwig-Glösekötter-Arena den Endkampf um den Aufstieg von der Klumpfuß- in die Sponsorenklasse verpatzt hat. Ein guter Anlass, so Wabbles Mitesser, das Stadion abzutragen und durch ein nützliches Bauwerk zu ersetzen.

Der Heimwerker Droll wünscht sich einen riesigen Baumarkt, der alle anderen Baumärkte überflüssig machen würde. Hanni hätte die Errichtung eines skandinavischen Möbelparadieses vorgeschlagen, wäre ein solches nicht bereits im Bau. Die Eröffnung steht bevor, und ihr Lebensgefährte Droll wird von Tag zu Tag nervöser. Seine Sorgen gelten der Haushaltskasse. Früher schon nahm Hanni regelmäßig weite Reisen in Kauf, nur um in einer Filiale jener Möbelhauskette etwelchen Tinneff zu erstehen. Und nun ist die nächste Niederlassung nur noch ein paar Fahrradminuten entfernt! Geierschnabel schlägt vor, Droll möge doch anfragen, ob man sich bei den Schweden nicht wie in einer Spielbank sperren lassen könne.

„Doofkopf.“ Hanni guckt verstockt auf ihren Teller, während Geierschnabel, der gute Mensch vorm Hühnchen à la Szechuan, mal wieder oberlehrert, dass der Eigentümer des Steckmöbelimperiums einst den Nazis zuneigte, sein Vermögen aber paradoxerweise auch der Kaufwut junger Antifaschisten verdankt.

Mit Verspätung trottet nun auch Strunk heran. Sofort rüffelt er die Tischgenossen, weil niemand von dem reichlichen und preiswerten Roastbeef genommen hat, das obendrein bei ohrenbetäubender Dudelsackmusik von einem dunkelhäutigen Briten angereicht wird. Droll reagiert gereizt, als Strunk sich beklagt, er hätte das Roastbeef gern ein wenig blutiger gehabt. „Ich kann es dir gerne blutig machen“, schnaubt der Wicht, „indem ich dir aufs Maul haue.“ Strunk lacht gutmütig, er weiß, was er von solchen Drohungen zu halten hat.

Die aus fernöstlichen Kalenderweisheiten schöpfende Babs, die man nie Babsi nennen darf, möchte Harmonie stiften und Frieden schaffeln ohne Waffeln, denn Waffeln stehen heute nicht auf dem Speiseplan. Zwecks Ablenkung erbittet sie einen Bericht über The Hooters, die ein Freiluftkonzert gegeben hatten. Jedoch erreicht sie genau das Gegenteil, denn nun geht der Zwist erst richtig los. „Das sind ja echte Showprofis, diese Amerikaner“, eröffnet Geierschnabel. „Sie fangen sauschlecht an und lassen dann immer weiter nach.“ – „So schlecht war es gar nicht!“, protestiert Wabble. Er hat noch nicht viele Konzerte besucht in seinem Leben, begegnet aber auch Dilettanten mit einer gewissen Zuneigung, solange sie ihm kein Eintrittsgeld abverlangen. „Doch, war es“, schimpft sich Geierschnabel in Rage. „Der Ton war schlecht, die Lichtführung war schlecht, die Arrangements waren schlecht. Nur ein totaler Stromausfall hätte den Abend noch retten können. Und dafür verlasse ich den Kommandosessel meines Fernsehzimmers!“

Droll murrt in sein Kartoffelpü. Hanni seufzt. Strunk ist alles egal. Babs fragt verzweifelt: „Und was läuft ab morgen im Kino?“