Zunehmende Remilitarisierung in der Türkei

PKK-nahe Kurdenorganisation „Freiheitsfalken“ droht nach Attentat mit weiteren Anschlägen in Touristenorten

ISTANBUL taz ■ Eine in einem Abfallkorb versteckte Bombe hat vorgestern in dem türkischen Ägäis-Ferienort Cesme zwanzig Leute verwundet. Zu dem Attentat bekannte sich die kurdische Gruppierung „Freiheitsfalken“, die im letzten Jahr bereits Anschläge auf Istanbuler Hotels verübt hatte.

Das Bekennerschreiben wurde von einer PKK-nahen Nachrichtenagentur verbreitet. Die Polizei geht deshalb davon aus, dass die Gruppe entweder ein Ableger der PKK ist oder eng mit ihr zusammenarbeitet. In dem Brief kündigt die Organisation weitere Anschläge in Tourismusorten an, um Besucher abzuschrecken und so das für die Türkei wichtige Tourismusgeschäft zu stören. Am Freitag hatte bereits ein PKK-Kommando eine Polizeistation angegriffen. Dabei wurden drei Polizisten getötet. Seit April haben die Angriffe der PKK im Südosten der Türkei, vor allem entlang der irakischen Grenze, erheblich zugenommen. Entsprechend reagiert das türkische Militär. Die im letzten Jahr sich abzeichnende Normalisierung nach den langen Jahren des Ausnahmezustandes droht einer Remilitarisierung zum Opfer zu fallen. Die Armee ist seit Wochen dabei, abgezogene Kontingente wieder in den Südosten zu verlegen. Mittlerweile ist auch die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung wieder eingeschränkt. Osman Baydemir, der Bürgermeister von Diyarbakir, der größten Stadt im Osten, sagte, die Situation sei so schlimm wie seit sieben Jahren nicht mehr. Nach offiziellen Angaben sind seit April im Kampf gegen die PKK 65 Militante und 32 Soldaten getötet worden. Das türkische Militär geht davon aus, dass in den letzten Monaten rund 1.500 bewaffnete PKKler aus dem Nordirak in die Türkei zurückgekehrt sind.

JÜRGEN GOTTSCHLICH