Fluglinienbesitzer taktiert mit Finanzschwäche

Der Aufsichtsratschef der dba macht glauben, dem Billigflieger drohe Geldnot – und setzt nur seine Piloten unter Druck

BERLIN taz ■ Die Schlagzeilen über die drittgrößte deutsche Fluggesellschaft klangen dramatisch: „Für dba wird die Luft immer dünner“, titelte gestern das Handelsblatt, die Nachrichtenagentur dpa zog nach: „dba in Turbulenzen“. Was war passiert?

Der Aufsichtsratschef und Anteilseigner Hans Rudolf Wöhrl hatte einen vierseitigen Brief an seine Piloten geschrieben. Darin berichtet er von der Suche nach einem Investor. Der alte, Germania-Express-Eigentümer Hinrich Bischoff, war nämlich zum 1. Juli nach nur dreieinhalb Monaten wieder ausgestiegen. Der Rückkauf von 64 Prozent an der dba, die Bischoff gehalten hatte, soll knapp 18 Millionen Euro kosten. „Diesen erheblichen finanziellen Aderlass müssen wir kurzfristig ausgleichen – und das ist nur mit einem Finanzinvestor möglich“, zitiert das Handelsblatt aus dem Brief.

Das klang nach drohendem Konkurs. Doch davon könne keine Rede sein, sagt Matthias Andreesen Viegas, Sprecher der dba der taz. „Es gibt keinen akuten Finanzbedarf.“ Die Fluggesellschaft habe im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Gewinn von bis zu zwei Millionen Euro gemacht. Und von der Mitgift in Höhe von 70 Millionen Euro, die der frühere Besitzer British Airways dem neuen Eigentümer Wöhrl vor zwei Jahren zum Ausgleich von erwarteten Verlusten mitgegeben hatte, sei noch etwa die Hälfte da – auch nach Abzug der Kosten für den Ausstieg Bischoffs.

Warum dann die dramatischen Worte? Hintergrund sind die Tarifverhandlungen für die Piloten. Die hatten zwei Jahre lang auf 20 Prozent des Tarifgehalts verzichtet. Dieses Abkommen ist aber am 30. Juni ausgelaufen. Ein neuer Vertrag mit der Pilotengewerkschaft „Vereinigung Cockpit“ steht bislang noch nicht. Nach Angaben des Verhandlungsführers Thorsten Gommert war mit dem Unternehmen der Beginn der Gespräche für Ende Juli vereinbart. Dabei dürfte es vor allem um verlängerte Arbeitszeiten für die Piloten gehen. Für Gommert zeichnet sich allerdings kein dramatischer Konflikt ab. „Wir sind zu allen Themen gesprächsbereit“, sagte er der taz.

Klar ist – ein für das Unternehmen günstiger Tarifabschluss würde Wöhrl, der auch einen Börsengang als mögliche Alternative sieht, bei den Verhandlungen mit einem Investor helfen. Die Personalkosten sollen auch der entscheidende Streitpunkt mit Bischoff gewesen sein.

Und sie dürften in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Denn Experten erwarten eine Pleitewelle bei den Billigfliegern. So geht die Unternehmensberatung McKinsey davon aus, dass europaweit nur Platz für zwei oder drei Billiganbieter sei. Und bislang sieht die Branche dafür Ryanair und Easyjet als Favoriten.

STEPHAN KOSCH