VW will „lückenlos aufklären“

Chef Pischetsrieder macht Mitarbeitern jetzt per Brief Versprechen, dass alle Verfehlungen geahndet werden. Gegen Peter Hartz wird indes nicht ermittelt

BERLIN dpa/rtr/taz ■ Wer wird Nachfolger von VW-Personalchef Peter Hartz? Diese Entscheidung verzögert sich. Eigentlich sollte sie heute im Aufsichtsratspräsidium fallen. Doch wegen „Terminschwierigkeiten“ wurde die Sitzung auf morgen verschoben.

Hartz hatte seinen Rücktritt am Freitag angeboten. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) zeigte sich sofort begeistert. In der VW-Affäre müsse man „zu einem neuen Anfang kommen“. Wulff, selbst Mitglied im VW-Aufsichtsrat, drohte: „Jeder, der sich da krimineller Machenschaften zu verantworten hat, muss die Verantwortung tragen und muss vor allem aus dem Konzern raus. Da müssen Köpfe rollen.“

Allerdings ermittelt die Braunschweiger Staatsanwaltschaft bisher nicht gegen Peter Hartz. „Es besteht kein Anfangsverdacht der Untreue“, sagte ein Sprecher gestern. Gleiches gelte für den Exbetriebsratschef Klaus Volkert. Er war zurückgetreten, nachdem ruchbar wurde, dass er sich an einer Firma beteiligt hat, die in Prag eine VW-Autostadt bauen wollte. Allerdings kam es nie zu dem Geschäft.

Bisher ermittelt die Staatsanwaltschaft nur gegen den ehemaligen Škoda-Manager Helmuth Schuster sowie einen Mitarbeiter in der VW-Personalabteilung, Klaus-Joachim Gebauer. Schuster soll über Scheinfirmen Schmiergelder eingetrieben haben. Gebauer war zudem für das Konto zuständig, über das der VW-Betriebsrat seine Dienstreisen abrechnete. Die Verwendung der Reisespesen wird jetzt von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG durchleuchtet. VW-Chef Pischetsrieder rechnet mit einem möglichen Schaden „im sechsstelligen Bereich“.

Es ist jedoch unklar, wer den Schaden zu verantworten hat: In VW-Kreisen heißt es, dass sich auch Gebauer bereichert haben könnte – was er nun den Betriebsräten anzulasten versuche, indem er behaupte, ihnen auf Dienstreisen Prostituierte vermittelt zu haben. Allerdings können sich selbst treue IG-Metaller vorstellen, dass es Bordellbesuche gab: „Gebauer kann nicht alles erfinden.“

Die Christliche Gewerkschaft Metall (CGM) prüft inzwischen, ob sie ein Gerichtsverfahren zur Amtsenthebung von VW-Betriebsräten anstreben soll. Zudem ist CGM dagegen, dass der Nachfolger von Peter Hartz wieder ein Gewerkschaftsmitglied sein soll. Das ist ein kalkulierter Affront gegen IG-Metall-Chef Peters: Er hatte auf einem Vorschlagsrecht für den neuen Arbeitsdirektor bestanden.

Die „sich überschlagenden Spekulationen“ veranlassten VW-Chef Pischetsrieder gestern, sich mit einem zweiseitigen Brief an seine Mitarbeiter zu wenden: „Ich kann Ihnen versichern, dass wir alles daran setzen, so schnell wie möglich und lückenlos für Aufklärung zu sorgen.“ Falls Verfehlungen aufgedeckt würden, seien die „notwendigen persönlichen Konsequenzen zu ziehen, unabhängig von der Person oder ihrer Position“. Zum Schluss erinnerte Pischetsrieder daran, dass „der harte Wettbewerb auf den Märkten“ jetzt „volle Konzentration“ verlange.

Auch über den Sanierungskurs kursieren inzwischen Gerüchte. Die VW-Leitung dementierte gestern, dass sie schon entschieden habe, welche Werke geschlossen werden. Die Financial Times Deutschland hatte berichtet, der VW-Standort in Brüssel sei gefährdet. Denn die Anlage gehört zu den älteren VW-Fabriken. UH

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