Herren ohne Anstand

SERIE „Durch die Nacht mit …“ zwei Spinnern (23.30 Uhr, ARTE)

Über Erektionen redet man nicht, zumindest nicht auf dem Friedhof von London. Das muss der arglose Passant anmahnen, als es diese zwei Kindsköpfe vor einem Grab zu weit treiben. Dem heillos im Erdreich Eingeschlossenen in seiner Not schallend lachend Morgenhärte zu unterstellen, geht zu weit. Und das in diesem Alter: Über 60 der eine, über 70 der andere.

Ob der Mann weiß, wen er da mangelnder Pietät zeiht? John Landis drehte die „Blues Brothers“ und „Die Glücksritter“. Terry Gilliam erstellte einst die Animationen der Monty Pythons und ist berüchtigt für seine chronisch unterfinanzierten Filmprojekte. Mit ihrem je eigenen anarchischen Gemüt ist den beiden erst einmal nichts heilig.

Für Artes lässige Personality-Show „Durch die Nacht mit …“ erkunden die beiden am Samstagabend nun das Nachtleben Londons. Vom Friedhof geht es weiter in die Tate Modern und zum Piccadilly Circus, dessen heute cleaner Look Landis die einst dort ansässigen Schmuddelkinos betrauern lässt, vor denen er 1981 „American Werewolf“ drehte.

Es ist ein kurzweiliger Abend, in dessen Verlauf Landis zu einem Füllhorn glänzend erzählter Anekdoten reift: wie er in Disneyworld mit Michael Jackson und Mickey Mouse wegen rasender Jacko-Fans um sein Leben fürchtete zum Beispiel. Landis ist ein Meister in der amerikanischen Kunst, „What the fuck“-Momente bis ins kleinste Detail auszuschmücken. Dass Terry Gilliam – mit obskurem Hippie-Vokuhila und speckiger Lederjacke – neben solch sprudelnder Fröhlichkeit ein bisschen mürbe erscheint, ist leicht verzeihlich.

Es könnte ewig so weitergehen: Zwei Kindsköpfe mit unbekümmertem Gemüt erzählen Unsinn höheren Rangs. Nebenbei machen sie ihrem Kamerateam noch das Leben schwer, das seine Not hat, continuity in den Salat zu bringen. Den beiden, wie sie da durch London streifen, ist nichts heilig. THOMAS GROH