Raumsuche wird zum Drama

Dem Kölner „theater der keller“ droht am 1. September das Aus. Der neue Hauseigentümer will das freie Theater notfalls zwangsräumen lassen

VON ISABEL FANNRICH

Die Schauspieler und Schauspielschüler des Kölner „theater der keller“ hatten wenig Zeit zur Freude. Noch zum Ende der Spielzeit lobten Kritiker in einer Umfrage des Fachmagazins „theater pur“ das Südstadt-Theater als erfolgreichste freie Bühne in NRW. Kurz darauf kam die überraschende Mitteilung, dass ab 1. September der Eigentümer des Hauses wechselt und dieser zwecks Umbau notfalls auch vor einer Räumung nicht zurück schrecken werde.

Der Kölner Architekt Klaus Müller möchte mit seinem Büro in das Haus einziehen. „Mir wurde das Gebäude so verkauft, dass im September der Auszug stattfindet“, sagte er der taz. So hat sich Theaterchef Meinhard Zanger gemeinsam mit der Stadt fieberhaft auf die Suche nach einer Alternative begeben. Deren Ausgang ist jedoch mitten in der Sommerzeit ungewiss.

Zwar habe der neue Kölner Kulturdezernent Georg Quander zugesagt, sich nach dem Urlaub „mit seiner Autorität“ für das Theater einzusetzen und mit dem neuen Eigentümer über eine Frist zu reden, erzählt Ulrich Wackerhagen, Vorsitzender des Theater-Trägervereins und kulturpolitischer Sprecher der FDP-Ratsfraktion. „Auch der Kämmerer zeigt sich bei der Suche nach einer städtischen Immobilie als neues Quartier sehr engagiert.“ Doch sei es sehr schwierig, ein bezahlbare Immobilie zu finden. Zwei Objekte seien derzeit im Gespräch, die allerdings von einem Investor umgebaut werden müssten, so Wackerhagen. Leisten könne sich das Keller-Theater dieses Modell nur, wenn die Stadt einen Teil der Miete nachlassen würde. Gefordert sei nun „eine „politische Entscheidung“, sagt er. Es würde sich „im Rahmen bewegen“, dem Theater wie anderen freien Kultureinrichtungen auch eine Miete von bis zu 100.000 Euro jährlich zu erlassen.

Doch geht das bei knappen Kassen? Hans-Georg Bögner, kulturpolitischer Sprecher der SPD, verweist darauf, dass andere freie Kulturträger wie das Senftöpfchen-Theater oder der Stadtgarten neben einem Mietnachlass keine zusätzliche Förderung erhielten. Das Keller-Theater aber bezuschusst die Stadt in diesem Jahr mit 127.000 Euro, das Land hat seine Subventionen auf 51.000 Euro gekürzt. „Dieses Ungleichgewicht wäre nicht zu verantworten“, sagt Bögner. Ein einzelnes Theater könne nicht „zu Lasten eines schon jetzt sehr schmalen Förderetats der freien Theater“ bevorzugt werden.

Was Kulturamtsleiter Jürgen Nordt den „Fluch der guten Tat“ nennt, hatte dem Keller-Theater bislang das Leben erleichtert. In einer 1973 eigens gekauften Immobilie in der Kleingedankstraße ermöglichte die vermögende Familie Schwarzhaupt dem Theater ein mietfreies Dasein. Bis Anfang 2003 die Tochter das Haus erbte und, so Nordt, „kein Interesse“ an der mäzenatischen Aufgabe mehr zeigte. Als der Mietvertrag vergangenen Sommer auslief, gab es noch eine Verlängerung bis Ende August 2005 – unter der Bedingung, das Theater ohne Klage sofort räumen lassen zu können. Seitdem sucht das Theater eine neuen Bleibe. „Ich weiß nicht, wie sehr der neue Eigentümer seine Muskeln spielen lassen möchte“, sagt Zanger. Weil sein altes Büro bereits gekündigt sei, seien ihm „die Hände gebunden“, entgegnet Klaus Müller. Allerdings glaube er nicht, dass er „zur Zwangsräumung greifen muss. Herr Zanger ist vernünftig und weiß, wie die Situation aussieht.“ Ulrich Wackerhagen hält dagegen: „Wir werden uns wehren. Wir wissen bislang nicht, wohin wir umziehen sollen.“

Am Wahrscheinlichsten ist ein Provisorium. „Wir brauchen jemanden, der uns eine Halle zur Verfügung stellt“, so Wackerhagen. Klar ist bisher nur, dass Zanger und seine 80 Mitarbeiter ihr ursprüngliches Ziel erst einmal aufschieben müssen: Das Theater und die renommierte Schauspielschule, die bislang in der Innenstadt sitzt, sollen endlich unter einem Dach sitzen.