meinungsstark:
Biotechnologie gegen Müllhalden?
„Müllhaufen der Geschichte“, taz vom 28. 6. 21
Über Anreize wird es wohl gehen müssen, nach dem Prinzip mit Bonus und Malus. Wenn Subventionen und Beihilfen über Jahrzehnte Konzernstrukturen hinterlassen, die marktgerecht, ohne nachhaltige Zielsetzung Umweltzerstörung weltweit in großem Stil praktizierten, dann können dieselben Unternehmen nicht auch noch Steuergelder für Greenwashing-Projekte oder „weiße Biotechnologie“ als Hilfen erwarten. Im Gegenteil, Verantwortung heißt Vorleistungen, um Vertrauen zu schaffen. Deutsche Start-ups zur CO2-Bindung zeigen die globalen Einsatzmöglichkeiten der Biotechnologie. Dies hat die industrielle Bio-Ökonomie längst erkannt. Bakterien im Einsatz für den Klimaschutz – keine Utopie der innovativen synthetischen Biologie, eher noch vage Vision der praktischen Politik. Ob es dystopisch ist, über gesetzliche Maßnahmen mit mehr Druck im Klimaschutz nachzudenken? In einem industriell hoch technisierten Land der PatentweltmeisterInnen mit weltweit führenden Top-IngenieurInnen? Wer hoch komplexe Rüstungsgüter und Kraftwerke baut, kann auch Biotechnologie als Megawaffe mit Biokatalysatoren gegen den Klimakollaps marktfähig machen. Zum Wohle aller! Krieg, Energie und Klima, eine fatale Junktion. Martin Rees, Dortmund
Familienhaus auf eigenem Grund
„Kampf um Grund und Boden“, taz vom 26. 6. 21
Zu den Bildern der stereotypen Einzelhaussiedlungen und vor allem zur Ideologie der TV-konformen bürgerlichen Kleinfamilie passt das uralte Lied von Pete Seeger aus den 60er Jahren: „Little boxes“. Es hätte ein Revival bei Grünen-Parteitagen verdient, wenn die so viel Selbstironie besäßen.
Wolfgang Martin-Beyer, Mainz
Der Frauenhass der Rap-Millionäre
„Rapper, da kommt ihr nicht drumrum. Frauenhass geht zwar seit Jahrhunderten als Kultur durch, dreht sich aber eigentlich nur um Machterhalt“, taz vom 26. 6. 21
Danke, Viktoria Morasch. Mich kotzen diese misogynen Rapper-Texte schon ewig an. Seit 20 Jahren arbeite ich mit jungen Menschen im Alter von 12 bis 19. Wir haben hin und wieder über diese Texte gesprochen und mich hat besonders die Kritiklosigkeit der Mädchen verblüfft. Das hat sich aber deutlich geändert. Die Einstellung wandelt sich, dies beobachte ich schon seit ungefähr zwei Jahren. Sie können Diskriminierung, Herabwürdigung erkennen und bewerten. Die aufgeblasenen, Goldkettchen tragenden Pseudogangster haben abgegessen. Andrea Hanf, Berlin
Polizeigewalt statt Notarzthilfe
„Tschechiens George Floyd?“, taz vom 23. 6. 21
Hier wird die Diskriminierung reproduziert, die der Text vorgibt zu thematisieren. Sie maßen sich die Deutungshoheit über das Geschehen an, obwohl sie genauso wenig vor Ort waren wie andere, die sich schockiert und wütend über das rassistische Verhalten der Polizei äußern. Denen werfen Sie vor, der von ihnen hergestellte „Zusammenhang zwischen Hautfarbe und Polizeieinsatz wirke in diesem Fall etwas zu konstruiert“. Fällt es Ihnen wirklich nicht auf, dass hier nach stereotypen Mustern „auffälliges Verhalten“ (verwirrt und aggressiv) als Rechtfertigung für Polizeigewalt herhalten soll? Von einer verantwortungsvollen Polizeiarbeit wäre das Gegenteil zu erwarten: nämlich einer erkennbar unter Drogen stehenden Person möglichst schnell medizinische Hilfe zukommen zu lassen, sodass sie weder sich selbst noch andere Menschen gefährden kann. Hätte das Opfer, Stanislav Tomáš, möglicherweise überlebt, wäre er nicht minutenlang brutal von der Polizei festgehalten, sondern stattdessen direkt von einem Notarzt behandelt worden? Vermutlich wäre es so auch abgelaufen, wäre die drogenabhängige Person weiß und wohlhabend gewesen. Der Satz „In Tschechien ist Antiziganismus so alltäglich wie das Bier nach Feierabend“ macht leider nicht nur das Bier schal, er verharmlost Rassismus gegen Rom*nja und Sinti*zze. Sigrun Matthiesen, Berlin
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