Saubere Renditen

Klimafreundlich arbeiten lohnt, der Emissionshandel funktioniert: Wer eine Tonne Kohlendioxid in die Luft blasen will, zahlt rekordverdächtige 30 Euro

VON BERNWARD JANZING

Luftverschmutzung wird in Europa teuer. Unternehmen, die eine Tonne Kohlendioxid in die Atmosphäre blasen möchten, müssen für das Emissionszertifikat inzwischen fast 30 Euro bezahlen. Das ist weit mehr als alle Experten beim Start des Emissionshandels zum Jahresbeginn erwartet hatten. Damals lag der Preis unter 7 Euro je Tonne. Für den Rekordwert gibt es mehrere Gründe.

Einer liegt im Preisgefüge am Rohstoffmarkt: Weil Erdgas immer teurer wurde, die Kohle aber nicht im gleichen Maße mitzog, ersetzen Unternehmen Gas durch Kohle. Da bei der Kohleverbrennung aber mehr Kohlendioxid frei wird, benötigen sie mehr CO2-Kontingente. Diese werden knapper, der Preis steigt. Das zeigt, wie der Emissionshandel im Prinzip funktioniert: Irgendwann ist die Tonne Kohlendioxid so teuer, dass sich der Wechsel von Gas zu Kohle nicht mehr lohnt. Im Gegenteil wird für die Firmen das klimafreundlichere Gas lukrativ. Neben dem Energiemarkt gibt es weitere preisrelevante Faktoren.

Das Wetter zum Beispiel. Weil in Norwegen wenig Regen fiel (und damit weniger CO2-freie Wasserkraft zur Verfügung steht) und es in Südeuropa sehr heiß war (was den Energieverbrauch für Klimatisierung erhöht), wurde mehr Kohlendioxid emittiert als erwartet – auch das treibt die Preise.

Und wie an jedem Aktienmarkt gibt es auch bei den Emissionszertifikaten einige, die Interesse an steigenden Preisen haben. Die Stromversorger dürften dazu gehören. Denn mit höheren Kosten für die Zertifikate lassen sich auch steigende Strompreise rechtfertigen. Die Branche hat dabei eine starke Position: Mehr als die Hälfte aller 12.000 Anlagen, die unter den europäischen Emissionshandel fallen, gehören zur Energiewirtschaft. „Dort sitzen die Marktmacher“, bestätigt ein Analyst einer Großbank. Dennoch gilt der junge Emissionshandel in der Finanzwelt als ein gut funktionierender Markt.

Aber es gibt auch Kritiker. „Unter normalen Gesichtspunkten ist das aktuelle Preisniveau nicht zu erklären“, sagt Jürgen Schulz vom Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK). Die EU habe ausreichend Zertifikate zugeteilt. Manipulationen also? Nachweisbar sind sie nicht. Auch die Tatsache, dass seit Frühjahr auch Hedge-Fonds auf diesem Markt spekulieren, reicht als Indiz nicht aus.

Offenkundig ist indes,dass einige den Markt mit CO2-Zertifikaten noch gar nicht erkannt haben. So erklärte dieser Tage das Unternehmen ThyssenKrupp Steel, man werde sich am Handel mit den Emissionen einstweilen nicht beteiligen. Erst mit Ablauf des Jahres 2007, wenn die erste Handels-Periode zu Ende geht, sollen fehlende Zertifikate zugekauft oder überzählige verkauft werden. Ein riskantes Spiel: „Zwischen Februar und Mai 2008 wird der CO2-Preis extrem sein“, prophezeit Werner Betzenbichler vom TÜV-Süddeutschland. Ob er extrem hoch oder niedrig liegen wird, sei unklar.

Fest steht nur: 2008 werden die Jahre 2005 bis 2007 abgerechnet. Und niemand weiß, ob die Emissionsrechte am Ende knapp oder üppig ausfallen.