Husumer Hafen: Gegenwind aus Kiel

Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) will in Husum nicht realisieren, was unter der rot-grünen Vorgängerregierung geplant wurde

An plötzlich umspringende Winde sind die Menschen an der Nordseeküste gewöhnt – meist kommen die Böen westwärts von See und bringen nasse Güsse. Diesmal wehte der Wind von Osten, aus Kiel, und er pfeift scharf: Kein Ausbau des Husumer Hafens im geplanten Ausmaß, 5,5 Millionen Euro sind flöten, das Ende fünfjähriger Planungen.

Entschieden hat das die neue Landesregierung, allen voran der zuständige Minister Dietrich Austermann (CDU). Der strich kurzerhand die von der vorherigen rot-grünen Regierung bewilligten Mittel zusammen – nicht einmal eine Debatte im Landtag ließ die schwarz-rote Mehrheit zu. „Es sind rein wirtschaftliche Gründe“, sagte Ministeriumssprecherin Karin Fehlau. „Keineswegs ideologische.“

Eben die aber hatten Kritiker wie Lars Harms vom SSW unterstellt: „Mit ihrer Aversion gegen die Windkraft hängt die Landesregierung die ganze Region ab“, sagt Harms. Denn der Husumer Hafen, heute eher beschaulich, sollte fit gemacht werden als Lieferstation und Servicebetrieb für Offshore-Windparks in der Nordsee.

Dazu zählt der Windpark Butendiek, dessen 30 Rotoren sich ab Herbst 2007 in der Nordsee vor Sylt drehen sollen. Die Husumer wollten im Zuge des Hafenausbaus eine neue Straße legen, einen Deich verschieben und vor allem eine Kaianlage ins Meer bauen, die stabil genug ist, um die tonnenschweren Mühlenteile aufzunehmen. Geplant war dafür ein Investitionsvolumen von 13,1 Millionen Euro, das Land wollte 9,1 Millionen Euro davon übernehmen. Statt der 9,1 Millionen will Wirtschaftsminister Austermann jetzt nur noch 3,5 Millionen Euro bereitstellen.

„Unvernünftig, macht keinen Sinn“, sagte Austermann über die Ausbaupläne: Schließlich gebe es einen gut ausgebauten Hafen an der Westküste, nämlich in Brunsbüttel. „Der kann auch Großkomponenten abwickeln“, sagt Karin Fehlau. Es müsse also möglich sein, dass beide Häfen kooperieren.

Das allerdings war schon vor Schwarz-Rot geplant: Brunsbüttel und Husum hatten zusammen mit dem Land ein Konzept entwickelt. Denn auch der Brunsbüttler Hafen steht vor dem Ausbau: Hier soll ein Offshore-Hafen für rund 22 Millionen Euro entstehen. Der Vorteil für das Land: Rot-Grün hatte den Hafen 1999 verkauft, inzwischen trägt die private „Hafengruppe Brunsbüttel“ Kosten und Verantwortung.

Tatsächlich könnte Brunsbüttel – hier werden im Jahr rund 8 Millionen Tonnen umgeschlagen – auch noch ein paar Windmühlen verschiffen. Aber Husum hat gerade an dieser Industrie ein besonderes Interesse: In der Kleinstadt am Watt sitzen mehrere führende Firmen der Branche und einmal im Jahr findet dort die weltgrößte Fachmesse für die Technik der windgetriebenen Rotoren statt.

Für die Firmen wäre der geplante Hafenausbau wichtig: Sie wollen schnellen Zugang zu ihren in der Nordsee stehenden Mühlen haben. Selbst die traditionell CDU-freundliche IHK Flensburg ist „entsetzt“ über die Entscheidung der Regierung: „Das Land darf nicht wenige Wochen nach Amtseinführung einen fünfjährigen Planungsvorlauf über Bord werfen“, sagt der IHK-Vertreter Volker Saupe.

Das Kieler Ministerium dagegen hält das Problem für gering: „Auch mit einer kleineren Lösung lässt sich der Service über Husum abwickeln“, sagt Karin Fehlau. Außerdem habe die Stadt kein klares, mit Firmen abgestimmtes Konzept vorgelegt.

Gegenwind gibt es auch von Hans-Ulrich Rösner vom wwf-Büro Wattenmeer – Rösner hält die Husumer Baupläne für überdimensioniert. Insgesamt tun sich Umweltschützer schwer mit den geplanten Offshore-Windparks, NABU und BUND hatten sogar gegen Butendiek geklagt, weil er in einem Naturschutzgebiet liegt und zur Gefahr für Vögel und Wale werden könnte. Die Klage wurde aus formalen Gründen abgewiesen.

Das Thema sei kompliziert, sagt Rösner. Denn eigentlich haben Umweltschützer nichts gegen Windkraft, und auch das Argument der „Offshore-Leute“ stimme, dass erst nahe der Küste Erfahrungen gesammelt werden müssten, bevor es an den Bau von Riesenrotoren weit draußen gehe: „Butendiek ist zu akzeptieren – wenn denn gewährleistet ist, dass es der einzige Park im Schutzgebiet bleibt, und wenn dort ökologische und technologische Forschung betrieben wird.“

Husums Bürgermeisterin Ursula Belker hatte – laut Bericht der Lokalzeitung – das Gefühl, „in Kiel werden die Tatsachen nicht richtig bewertet: Wir bauen hier ja keine goldenen Wasserhähne“. Fiele der Ausbau kleiner aus als geplant und entwickle sich die Windbranche so positiv weiter, „dann haben wir uns die Zukunft verbaut“, fürchtet ihr Ordnungsamts-Chef.

Noch wollen die Husumer verhandeln – aber die Entscheidung stehe fest, sagt Karin Fehlau. Dies sei keine Entscheidung gegen die Windkraft, die auch die jetzige Regierung befürworte. „Und wir wollen auch nicht, dass Husum leidet. Das ursprünglich geplante Geld soll in andere Projekte in der Region fließen.“ Der SSW-Mann Lars Harms bezweifelt, ob wirklich Fördermittel in der Region ankommen. Tatsächlich müssten Kreis und Stadt dafür schnell gute Pläne entwickeln – und damit das Ministerium überzeugen. Esther Geißlinger