Senator will noch ein bisschen mitreden

Nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen dem Aluminium-Werk und HEW sucht der Senator nach einem neuen Betreiber. Mehr Atomenergie und weniger Windkraft sollen nach Regierungswechsel im Bund den Strom verbilligen

von Gernot Knödler

Die Wirtschaftsbehörde und der Betriebsrat des Hamburger Aluminium-Werks (HAW) wollen sich mit dem Aus für den größten Teil der Fabrik nicht abfinden. „Wir sind entschlossen, die Suche nach einem neuen Gesellschafter voranzutreiben“, sagte Senator Gunnar Uldall (CDU) gestern. „Ich bin mit sehr guten Leuten im Gespräch“, versicherte er. Findet sich bis Dezember kein Investor, der dauerhaft für die drei bisherigen Gesellschafter einspringt (siehe Kasten), stehen 450 Beschäftigte auf der Straße.

Die Belegschaft ist gestern Vormittag über das Scheitern der Verhandlungen zwischen den Anteilseignern der HAW, dem Stromversorger HEW/Vattenfall und der Wirtschaftsbehörde informiert worden. Wie der Betriebsratsvorsitzende Karl-Heinz Dieck mitteilte, will sie ihrem Unmut am Sonnabend zwischen 11 und 13 Uhr vor dem HEW-Kundenzentrum in der Spitalerstraße Luft machen.

Nach Angaben Uldalls wollten die HAW-Gesellschafter ihren im Juni gefassten Stilllegungsbeschluss nur zurücknehmen, wenn Vattenfall einen mehrjährigen Stromliefervertrag zu einem Preis von weniger als 30 Euro pro Megawattstunde (MWh) unterschreiben würde. Der Börsenpreis in Deutschland liegt heute bei mehr als 40 Euro.

Uldall hatte den HEW vorgeschlagen, den bisherigen, für die HAW günstigen Liefervertrag um ein halbes Jahr bis zum 30. Juni 2006 zu verlängern. Bis dahin werde erkennbar sein, ob eine mögliche CDU-geführte Bundesregierung „eine neue Energiepolitik betreiben würde, die langfristig der deutschen Aluminiumproduktion eine internationale Wettbewerbsfähigkeit sichern würde“.

Aus Uldalls Sicht hätte diese Lösung allen Seiten Vorteile gebracht: HEW/Vattenfall hätte seinen größten Kunden behalten, die Beschäftigten ihre Arbeitsplätze und den HAW-Gesellschaftern wären die hohen Kosten erspart geblieben, die mit einer Werksstilllegung verbunden sind. Allein der Sozialplan für die entlassenen Mitarbeiter würde 36 Millionen Euro kosten. Dazu kämen der Aufwand für das Wiederherstellen der grünen Wiese in Finkenwerder und die Pensionsrückstellungen.

Ein Teil der vermiedenen Stilllegungskosten sollte dem neuen Investor gutgeschrieben werden, findet Betriebsrat Dieck. Die Alteigentümer hätten dann noch immer etwas gewonnen, während der neue Eigentümer die Zeit überbrücken könnte, bis die Stromkosten wieder sinken.

Zentraler Punkt einer Wende in der Energiepolitik ist für Uldall eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke. Das könne die Energieversorger um 200 Millionen Euro entlasten – Geld, das zum Teil dazu verwendet werden müsste, einen Industriestromtarif einzuführen, wie es ihn in anderen europäischen Ländern gibt.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz müsse entschärft werden, vor allem, um Vattenfall von den Kosten der Windenergie zu entlasten. Auf dem Strommarkt fehle es an Wettbewerb. Außerdem gelte es zu verhindern, dass die Versorger die CO2-Emissionszertifikate, die ihnen vom Staat geschenkt wurden, auf die Preise schlügen. Hamburgs SPD-Landesvorsitzender Mathias Petersen wies dagegen darauf hin, dass die Ökosteuer aufgrund besonderer Vergünstigungen nur 1,7 Prozent der Stromkosten eines Aluminiumunternehmens ausmache.

Um die Stromerzeugungskapazitäten zu erhöhen, verhandelt die Wirtschaftsbehörde mit der Firma Electrabel über einen Standort. Die Belgier hätten Interesse, ein konventionelles 500- bis 600-Megawatt-Kraftwerk direkt am Abnehmer zu bauen.