Bessere PISA-Ergebnisse oder Lemke denkt an Rücktritt

Gestern hat Bildungssenator Willi Lemke (SPD) schnell noch ein paar Abiturienten geehrt und die Bremer Schullandschaft gelobt. Heute muss er die Ergebnisse der Pisa-Studie kommentieren. Experten streiten, ob die schlechten Bremer Resultate aussagekräftig sind

Bremen taz ■ Viel Zeit hatte Willi Lemke (SPD) gestern Abend nicht. „Ich muss zum Rapport nach Berlin“, sagte der Bildungssenator. Denn dort warten bereits die Ergebnisse der neuesten PISA-Studie auf ihn. Trotzdem ließ es sich der Bildungssenator nicht nehmen, gestern die besten Abiturienten seines Bundeslandes zu ehren. Er warb dafür, dass die jungen Menschen sich untereinander vernetzen und nach Erfahrungen in anderen Ländern wieder zurück nach Bremen kommen sollen. „Ich erwarte, dass sie hier einmal Schlüsselpositionen besetzen“, so Lemke und stellte den Abiturienten ein gutes Zeugnis aus.

Selbst wird er heute wohl erneut ein schlechtes in Empfang nehmen müssen. Denn das „Kieler Institut für Pädagogik der Naturwissenschaft“ wird einen neuen internationalen Vergleich vorlegen: PISA geht in die zweite Runde. Eigentlich sollten die Ergebnisse der Bildungsstudie erst im September veröffentlicht werden. Doch die Ankündigung von Neuwahlen veranlasste alle Parteien, auf die Vorverlegung des Termins zu drängen, um Munition für den Wahlkampf zu bekommen.

Der Schuss könnte für die SPD in Bremen nach hinten losgehen. Allgemein wird erwartet, dass das kleinste Bundesland im bundesrepublikanischen Vergleich wie in der ersten Auswertung vor drei Jahren einen der hinteren Plätze belegt. 2001 war Bremen Schlusslicht unter den Bundesländern.

Experten streiten jedoch immer noch darüber, ob hier mit zweierlei Maß gemessen wurde und die süddeutschen Schulen wirklich besser sind als die des Stadtstaates. „Wir sind eine Großstadt und haben keine Chance, mit größeren Flächenstaaten zu konkurrieren“, sagte Lemke. Auch Berlin steht am unteren Ende des Rankings. Bremen habe wie die Hauptstadt einen weitaus größeren Anteil von Migrantenkindern oder solchen mit problematischem familiären Hintergrund als etwa Schüler in Bayern, heißt es in einer Studie der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW). In Deutschland hänge der Schulerfolg stark vom sozialen Hintergrund ab, äußerte die GEW in einer weiteren Erklärung.

Bremens Bildungssenator reagierte mit umfangreichen Reformmaßnahmen, vor allem in Vor- und Grundschule. Und auch der deutschlandweit am stärksten vorangetriebene Ausbau der Ganztagsschulen geht auf das Konto von Willi Lemke. Doch all seine Anstrengungen werden sich in der neuen Pisa-Studie noch nicht entscheidend bemerkbar machen. Denn wie vor drei Jahren werden wieder nur die Bildungsstandards von 15-Jährigen überprüft. Die in Bremen eingeleiteten Reformmaßnahmen zeigen aber erst langfristig Wirkung. „Ich bin ungeduldig und erwarte immer schnelle Ergebnisse“, sagt Lemke.

Der Bildungssenator rechnet offenbar nicht ernsthaft damit, dass Bremen die rote Laterne an ein anderes Bundesland abgegeben haben könnte. Ihn interessieren vor allem die absoluten Zahlen, mit deren Verbesserung er auch indirekt sein politisches Schicksal verband. „Wenn sich dort die Leistungen nicht verbessert haben, dann muss ich mich auch irgendwann einmal fragen, ob es ein anderer vielleicht besser kann.“ ky