Israel will Exekutionen wieder aufnehmen

Nach dem Selbstmordanschlag in Netanja, der vier Opfer forderte, droht die Regierung dem Islamischen Dschihad

JERUSALEM taz ■ Israel will infolge des Attentats in Netanja die so genannten präventiven Exekutionen wieder aufnehmen. Ziel ist, „die Anführer der Terrororganisation Islamischer Dschihad so schwer wie möglich zu treffen, so lange, bis sie ihre Mordoperationen einstellen“, sagte Premierminister Ariel Scharon gestern in Jerusalem. Vier israelische Frauen, darunter zwei 16-jährige, waren bei dem ersten Bombenanschlag seit über vier Monaten Dienstagabend in unmittelbarer Nähe eines Einkaufszentrums getötet worden.

Die, die hinter dieser „idiotischen Aktion“ stehen, kommentierte Palästinenserpräsident Machmud Abbas, „agieren gegen die palästinensischen Interessen und werden bestraft werden“. Bei dem Täter handelt es sich um einen 18-jährigen Abiturienten, der dem Islamischen Dschihad angehörte. Noch in der Nacht zu Mittwoch besetzten israelische Soldaten die Stadt Tulkarem, aus der der Attentäter stammte. Die Armee verhängte über die palästinensischen Gebiete eine sofortige und unbefristete Ausreisesperre. Ein für den Abend angesetztes Ministertreffen beider Seiten wurde ausgesetzt.

Während die israelische Rechte infolge des Gewaltaktes von der „Illusion“ sprach, der ab 15. August geplante Abzug aus dem Gaza-Streifen werde zu einer Beruhigung der Region führen, ist Innenminister Ofir Pines (Arbeitspartei) überzeugt, dass die Angreifer es darauf abgesehen hatten, „den Abzugsplan zu vereiteln“. Einig war man sich in Jerusalem einzig darüber, dass die palästinensische Führung nicht ausreichend gegen den Terror vorgeht. Der Anschlag sei für den Palästinenserpräsidenten ein „letzter Test“, hieß es.

In einem vor allem für die jüdische Bevölkerung im Gaza-Streifen deutlich spürbaren Schritt ordnete Scharon gestern die Schließung der Region für israelische Besucher an, um die Einreise militanter Rechtsaktivisten zu unterbinden. Der Erlass führte zu einer heftigen Debatte unter den Politikern. „Was ist, wenn die Oma zu Besuch kommen will?“, kam die Frage in der Knesset. Die müsse dann eben warten, kommentierte Transportminister Meir Shitrit (Likud) und fügte sichtlich entnervt hinzu: „Man kann wirklich meinen, sie kommt jeden zweiten Tag.“ Ab kommenden Montag ist ein Protestmarsch vom nördlichen Gaza-Streifen in Richtung Gusch Katif geplant. „Wir rechnen mit 50.000 Demonstranten“, so eine Sprecherin der jüdischen Siedler.

Gestern Vormittag wurden im Gaza-Streifen zwei Ausländer entführt, darunter ein österreichischer Geschäftsmann. Laut Informationen des österreichischen Vertretungsbüros in Ramallah wurde er zunächst im Haus palästinensischer Flüchtlinge festgehalten, die mit der Entführung die Entlassung zweier inhaftierter Familienangehöriger erpressen wollten. Bei dem zweiten Mann handelt es sich um einen Briten. Die palästinensische Sicherheitsbehörde nahm Kontakt zu den Entführern auf.SUSANNE KNAUL