Müller verlässt die Saar, Oskar kehrt zurück

Während Lafontaine in Saarbrücken für die WASG antritt, ist der Ministerpräsident schon auf dem Absprung nach Berlin

SAARBRÜCKEN taz ■ Dass Oskar Lafontaine für die Wählerinitiative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) im Wahlkreis Saarbrücken ins Rennen um ein Direktmandat für den Bundestag geht, war für die SPD an der Saar „keine Überraschung“. Darauf habe sich die Partei „längst vorbereitet“, sagt ein Sprecher des Landesverbands gestern mit demonstrativer Gelassenheit der taz.

Die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Elke Ferner soll ihren Wahlkreis gegen Oskar Lafontaine und eine CDU-Kandidatin verteidigen. Dass das schwierig werden kann, räumt der SPD-Sprecher durchaus ein. Schließlich war Lafontaine einst der gefeierte Oberbürgermeister der saarländischen Landeshauptstadt, danach ein Ministerpräsident mit Kultstatus, über mehrere Legislaturperioden hinweg Garant für komfortable sozialdemokratische Mehrheiten in Stadt und Land.

Jetzt ist Lafontaine – neben der Union – der erklärte politische Gegner. Dabei trauern selbst Landtagsabgeordnete und gewerkschaftlich organisierte Mitglieder den Zeiten nach, in denen „unser Oskar“ noch ein Genosse war. Bundeskanzler Gerhard Schröder habe doch mit der unseligen Agenda 2010 der eigenen Partei mehr geschadet als Lafontaine, konstatierte etwa die Landtagsabgeordnete Isolde Ries ganz freimütig.

Am Rande des saarländischen WASG-Wahlparteitags am vergangenen Sonntag mutmaßte ein gestandener Gewerkschafter mit dem Parteibuch der SPD, dass „wohl gut ein Drittel der Genossen“ noch immer zu Oskar halte. Und dass die „vor allem von Berlin enttäuschten Parteifreunde“ in den Wahlkabinen der Versuchung erliegen könnten, ihre Zweitstimme der neuen Linkspartei und ihre Erststimme dem Kandidaten Lafontaine zu geben – „nur aus Frust“. Lafontaine, der auf der Landesliste der WASG in Nordrhein-Westfalen abgesichert ist, wird denn auch zugetraut, im Wahlkreis Saarbrücken das Direktmandat erringen zu können.

SPD-Landesparteichef Heiko Mass jedenfalls wusste am Tag nach der Nominierung von Lafontaine zum Direktkandidaten für die Landeshauptstadt außer der Parole vom „Kampf um jede Stimme!“ nicht viel Substanzielles zum prognostizierten Zweifrontenkrieg der SPD im kleinsten deutschen Flächenland zu sagen. Maas meldete Zweifel an der Schlagkraft der „Truppe um Lafontaine“ an. Inhaltlich habe die neue Linkspartei so gut wie nichts zu bieten. Die SPD jedenfalls werde sich auch in diesem Bundestagswahlkampf dafür ins Zeug legen, wieder „stärkste Partei“ zu werden.

Maas setzt darauf, dass auch die CDU an der Saar ein Problem hat. Und das heißt Müller. Der populäre Ministerpräsident ist für ein Kabinett Merkel wohl gesetzt: als Arbeits- oder gar Superminister. „Flucht nach Berlin“ nennt das Maas, der darauf verweist, dass das Saarland nach fünf Jahren Müller ganz im Gegensatz zur offiziellen Regierungspropaganda „heruntergewirtschaftet“ sei.

Wer Müller auf dem Ministerpräsidentensessel nachfolgen soll, ist bei der Union eine noch offene Frage. Favorit der Landtagsfraktion scheint ihr Vorsitzender Peter Hans zu sein. Doch der eloquente Unionspolitiker mit dem Cäsarenkopf ziert sich noch. Chancen werden auch der derzeitigen Innenministerin Annegret Kramp-Karrenbauer eingeräumt.

Am Wahlabend aber wird der Blick aller Landespolitiker auf Saarbrücken gerichtet sein. Holt Lafontaine das Direktmandat und schneidet die Linkspartei ab wie erwartet gut ab, dürfte Maas mittelfristig an Lafontaine nicht vorbeikommen, wenn er an der Saar noch einmal selbst regieren will. Die nächsten Landtagswahlen finden allerdings erst im Jahr 2009 statt.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT