Was Schwarz-Gelb tun würde

BUND Union und FDP versprechen, nach der Wahl gemeinsam die Steuern zu senken. Doch wo sie im Gegenzug Ausgaben kürzen wollen, um das alles zu finanzieren, bleibt noch weitgehend unklar

Vor allem CDU und CSU müssen hoffen, dass ein starkes Wirtschaftswachstum die entstehenden Steuerausfälle zu großen Teilen ausgleicht

BERLIN taz | Glaubt man Angela Merkel, wird sich in einer Koalition von Union und FDP nicht viel ändern. Auf die Journalistenfrage, ob es mit den Gelben in der kommenden Legislaturperiode zu sozialen Einschnitten komme, antwortete die Bundeskanzlerin am vergangenen Freitag: In allen Bund- und Länder-Koalitionen mit der FDP sei „immer deutlich geworden, wer der große Partner im Zusammenhang mit der Sozialpolitik ist“.

Merkel beteuert im Wahlkampf stets, mit ihrem Wahlprogramm habe die Union doch „deutlich gemacht, dass wir den Weg der Mitte fortsetzen wollen“. Doch recht glauben mögen ihr das viele nicht. Trotz vier Jahren großer Koalition ist vielen noch der Bundestagswahlkampf 2005 in Erinnerung, als CDU und FDP Seit’ an Seit’ für die Lockerung des Kündigungsschutzes warben. Wie also würden die beiden Parteien nach der Wahl gemeinsam regieren?

Union wie FDP haben ihren Anhängern eine Senkung der Eingangssteuersätze bei der Einkommensteuer versprochen, außerdem Abhilfe bei der sogenannten kalten Progression. Dabei werden Lohnzuwächse durch eine höhere Besteuerung des gestiegenen Einkommens wieder aufgefressen. Insbesondere die FDP muss ihren Anhängern bei diesen Themen Erfolge vorweisen.

Vor allem CDU und CSU müssen hoffen, dass ein starkes Wirtschaftswachstum die entstehenden Steuerausfälle zu großen Teilen ausgleicht. Denn neben Merkel hat auch der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer immer wieder erklärt, soziale Kürzungen seien mit ihm nicht zu machen.

Deshalb werden die drei Koalitionsparteien insbesondere beim Thema Gesundheit heftige Auseinandersetzungen haben. Die FDP verlangt die Abschaffung des zu Jahresbeginn eingeführten Gesundheitsfonds, die Union will ihn behalten. Am liebsten würden die Freidemokraten die gesetzlichen Krankenversicherungen abschaffen und den Versicherungsmarkt für private Anbieter freigeben. Auch dieser radikale Abbau des sozialen Netzes ist mit der Union nicht zu machen. Die Proteste wären ansonsten gewaltig.

Auch beim Thema Mindestlohn wird eine Union-FDP-Regierung wohl beim Status quo verharren. Merkel hat angekündigt, die bestehenden Vereinbarungen für Mindestlöhne in einzelnen Branchen fortzuführen. Einen gesetzlichen Mindestlohn lehnen FDP und CDU ab.

Einig wäre sich eine schwarz-gelbe Bundesregierung beim Thema Atomkraft. Beide Parteien bezeichnen sie zwar mittlerweile als „Übergangstechnologie“, wollen aber die Laufzeit der aktiven Reaktoren verlängern – der Ausstieg aus dem Atomausstieg. Das Thema Klimaschutz ist der FDP in ihrem Wahlprogramm nur wenige Zeilen wert. Parteichef Guido Westerwelle fiele es da leicht, der „Klimakanzlerin“ eines ihrer Lieblingsthemen zu überlassen. MATTHIAS LOHRE