Wähl dich raus!

ENTSCHLEUNIGUNG Das Hamsterrad der Gesellschaft dreht sich immer schneller: Wähler und Politiker kommen nicht mehr hinterher. Kann die Krise das Tempo drosseln?

JENA taz | Die Beschleunigungswelle überschwemmt uns: Eine Finanzmarktsteuer könnte helfen, ein solidarisches Bürgergeld vielleicht auch. Das sagt Hartmut Rosa, Buchautor und Soziologe an der Universität Jena. Diese Maßnahmen werden die atemlose Moderne zwar nicht stoppen, aber sie immerhin mit den menschlichen Bedürfnissen synchronisieren.

In der Krise erleben wir eine Zwangsentschleunigung der Finanzmärkte und bald wohl auch vieler Menschen, die ihre Arbeit verlieren. Bislang richtet sich alles Bemühen der Politik darauf, das Rad des ewigen Fortschritts wieder in Gang zu bringen. Schnelle Straßen werden gebaut, Bahnlinien und Internetverbindungen. Innerhalb der Systemlogik mag das sinnvoll sein, aber löst es das Problem?

Das Rasen führt zu einem situativen Reagieren auf den jeweils größten Druck, zu einem Verlust an Rationalität – im Kleinen wie im Großen. Die Politik kommt nicht mehr mit, längst ist der Glaube geschwunden, dass sie den Prozess noch steuern kann. „Man erwartet von der Politik nichts mehr“, erklärt Rosa den mauen Wahlkampf 2009. „Nicht etwa, weil Politiker faul und doof wären. Es ist ein strukturelles Problem, für das sie auch nichts können.“ ➤ taz zwei SEITE 13