Streit statt Hilfe

Eine geplatzte Pressekonferenz gegen Abschiebungen nach Sri Lanka gibt einen Einblick in politische Machtkämpfe von Tamilenorganisationen

bremen taz ■ Ungewöhnlich verlief gestern die Pressekonferenz des Diakonischen Werkes, um auf weiteres Bleiberecht für tamilische Flüchtlinge zu drängen: Die am vordringlichsten betroffene Familie war nicht zum Pressetermin erschienen – auf Druck von Landsleuten, die anderen politischen Gruppen, namentlich der Rebellenorganisation Tamil Tigers (LTTE) nahe stehen. So hieß es. Dass der Kampf um politischen Einfluss unter Tamilen auch in Bremen solche Formen annehme, zeige, wie Rückkehrer in die Tamilengebiete im Norden Sri Lankas zwischen die Räder geraten würden. Dies sei umso schwerwiegender, als die kritische Haltung des Familienvaters gegenüber der LTTE bereits ein Fluchtgrund des damals noch jungen Mannes war. Der Betroffene sagte telefonisch gegenüber der taz, wegen der plötzlichen Krankheit eines Kindes bei der Pressekonferenz verhindert gewesen zu sein.

Das bezweifeln Personen, die der Familie nahe stehen – und von sich sagen, selbst auch schon von Vertretern der in Deutschland aktiven Tamil Tigers (LTTE) unter Druck gesetzt worden zu sein. Namentlich wollen sie deshalb nicht genannt werden.

Der Bremer Menschenrechtsverein, dessen Vertreter gestern ebenfalls kurzfristig der Pressekonferenz fern blieb, äußerte dagegen Kritik an dem Engagement des Diakonischen Werkes. Dies setze sich für eine bestimmte Gruppe von Flüchtlingen ein, die gegen die LTTE seien. „Und der Verein will nicht mit einer Kampagne identifiziert werden, die sich gegen die Tamilen-Tiger richtet“, so Sprecher Viraj Mendis.

Diese politische Deutung weist Angela Hesse vom Diakonischen Werk entschieden zurück. Hier gehe es vor allem um das Schicksal dieser sowie einer weiteren Familie. „Wie es jetzt weiter gehen soll, weiß ich nicht“, sagte sie. Doch wolle sie den Konflikt nicht vertiefen. Im Vordergrund müsse der humanitäre Einsatz für die von Abschiebung Bedrohten stehen. Dafür arbeite das Diakonische Werk auch mit dem Flüchtlingsrat zusammen. Zugleich warnte Hesse davor, den kämpfenden Parteien in Sri Lanka Hilfsgelder zufließen zu lassen. Das Diakonische Werk mit seinem Frauenprojekt im tamilischen Flutgebiet setze sich dafür ein, dass Menschen verschiedener Religionen und Auffassungen miteinander den Wiederaufbau betreiben könnten. Doch sei die Lage – nach wieder aufflammenden politischen Unruhen – zu schlecht, als dass abgeschobene Flüchtlinge integriert werden könnten.

Die Eltern und ihre drei Kinder zwischen drei und acht Jahren sehen Flüchtlingshelfer als einen echten Fall für eine – von der CDU abgelehnte, von den Kirchen geforderte – Härtefallkommission, denn: „Diese Familie, die hier schon lange integriert lebt, wird in Sri Lanka in einem Lager landen“, warnte Hesse. Im Haus der Familie sei jetzt Militärpolizei stationiert.

Die Angehörigen des Familienvaters – der Bruder und die Eltern – sind in Deutschland als politische Flüchtlinge anerkannt. Als sie ihren Asyl-Antrag stellten, hatte sich die politische Lage in Sri Lanka nach Einschätzung deutscher Behörden verschärft. Für den früher eingereisten, jetzt von Abschiebung bedrohten Familienvater kam dies zu spät. Er wurde nicht anerkannt.

Der Sprecher des Bremer Innenressorts, Markus Beyer, erklärte gestern, dass Bremen sich bei Abschiebungen an Einschätzungen des Auswärtigen Amtes über die Sicherheitslage in Sri Lanka orientiere. Auch kenne er kein europäisches Land, das Abschiebungen gestoppt habe. Auch Schweden, Frankreich, die Niederlande und Norwegen setzten die Rückführungen fort, nachdem die Innenminister diese wegen des Tsunamis zu Jahresbeginn mehre Monate lang gestoppt hatten. ede