heute in hamburg
: „Die Stadt nicht Investor*innen überlassen“

„HALLO Radiospiele: Capital H – von Boden, Eigentum und Orten des Gemeinschaffens“:

Stream auf www.halloradio.net,

Freitag ab 16 Uhr, Samstag und Sonntag ab 15 Uhr

Interview André Zuschlag

taz: Frau Englert, was ist Hammerbrook – außer Büroflächen und Autohandel?

Julia Marie Englert: Der Stadtteil hat eine ganze Menge verwunschener (Frei-)Räume, die von Menschen vor Ort hergestellt, gepflegt und bespielt werden. Das sind öffentliche Räume, die also für alle zugänglich werden. Hinzu kommt hier noch viel Raum für kreatives Arbeiten und Werkstätten für produzierendes Gewerbe.

Wie ist die Situation für das Kreative und das Kleingewerbe derzeit?

Noch recht gut – zumindest verglichen mit anderen Stadtteilen. Doch auch hier rollt eine Welle auf alle zu, in Form von steigenden Boden- und Mietpreisen, dem Einzug internationaler In­ves­to­r*in­nen und der Realisierung des Masterplans „Stromaufwärts an Elbe und Bille“. Alles das setzt Bestehendes unter Druck.

Die Vorstellung des Masterplans ist mittlerweile sieben Jahre her – von den damaligen Ideenskizzen ist aber noch nicht viel vor Ort zu bestaunen.

Das Paradoxe an solchen Plänen ist: Der Bagger kommt ja nicht sofort am nächsten Tag und buddelt los. Andererseits ist aber der Druck sofort da – der bestehende Leerstand wird spekulativ von In­ves­to­r*in­nen zur Ware gemacht, Mietverträge sind nur noch befristet und prekär, es werden höchstens noch Zwischennutzungen ermöglicht. Doch wenn die endet, gibt es meist keinen Ersatz.

Wie können sich Ansässige gegen Verdrängung wehren?

Da gibt es verschiedene Wege, aber eines ist klar: Vor Verdrängung kann man sich nur zusammen wehren, als Einzelperson ist man machtlos. Erfolg versprechend ist daher, dass sich die Leute vor Ort vernetzen. Das wollen wir auch an diesem Wochenende mit den „HALLO: Radiospielen“ ermöglichen. Es geht darum, Ideen auszutauschen, Alternativen aufzuzeigen und konkrete Strategien zu entwickeln, wie gemeinschaftliches Eigentum und partizipative Stadtentwicklung aussehen kann.

Foto: privat

Julia Marie Englert

29, ist aktiv beim gemeinnützigen „Hallo: Verein zur Förderung raumöffnender Kultur“, der die seit 2015 stattfindenden Festspiele dieses Jahr als Radioprogramm durchführt.

Gibt es Vorbilder?

Was anderswo funktioniert, muss nicht zwingend überall funktionieren. Die Ak­teu­r*in­nen vor Ort sind die jeweiligen Spe­zia­lis­t*in­nen für den Raum und werden die präzisesten Lösungen finden – inspiriert von vielen Anderen natürlich.

Gegen In­ves­to­r*in­nen scheint so etwas aber immer ein ungleicher Kampf zu werden, oder?

Was sicherlich hilft: Die Stadtverwaltung nicht als Gegenspielerin zu haben. Deshalb ist es ein Anfang, wenn sich alle einig sind, die Stadt nicht den In­ves­to­r*in­nen zu überlassen, sondern Stadtentwicklung gemeinschaftlich und nicht kommerziell zu denken und zu praktizieren.