Gesucht: Der ideale Arbeitsdirektor für VW

In Wolfsburg diskutiert man über einen Hartz-Nachfolger. Soll er den Arbeitnehmern nahe stehen oder dem Vorstand?

BERLIN taz ■ Bei VW ist die Suche in vollem Gange. Vorstandschef Bernd Pischetsrieder braucht einen Nachfolger für den zurückgetretenen Arbeitsdirektor Peter Hartz. Mitreden wollen viele. Nicht wenigen Wirtschaftsfunktionären und liberalen Politikern käme es zupass, wenn der neue Mann im Vorstand weniger arbeitnehmernah wäre als der alte – immerhin Mitglied der IG Metall. In der Kritik steht dabei das ganze System der Unternehmensmitbestimmung.

Tatsächlich ist das Modell VW kein Einzelfall. Arbeitsdirektoren, deren Kompetenzen über die eines reinen Personalchefs hinausgehen, weil sie zugleich Mitglied des Vorstands sind, gehören zu den Errungenschaften des Kampfes um die Mitbestimmung. Noch heute gibt es in der Montanindustrie im Aufsichtsrat – der den Vorstand und damit den Arbeitsdirektor wählt – eine Parität von Kapital- und Arbeitnehmervertretern. Hier geht nichts gegen die Arbeitnehmer.

Allerdings schwindet die Montanindustrie. Deshalb beobachtet man bei der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung (HBS) schon länger eine Veränderung des Typs Arbeitsdirektor: Aus dem klar an Arbeitnehmerinteressen orientierten Vorstandsmitglied wird ein arbeitgeberorientierter Personalfachmann. Denn für normale Aktiengesellschaften gilt das Mitbestimmungsgesetz von 1976, wonach die Sitze zwar paritätisch verteilt sind, die Stimme des Aufsichtsratschefs – immer ein Vertreter der Kapitalseite – jedoch doppelt zählt.

Trotzdem wird nun nicht jeder Kandidat im Aufsichtsrat unbedingt einseitig durchgesetzt. Es komme „relativ selten“ vor, dass die Arbeitnehmervertreter nicht mit der Wahl einverstanden seien, sagt HBS-Sprecher Rainer Jung. Ausschlaggebend sei die Unternehmenskultur, meint Christoph Meer, Sprecher der IG Bergbau, Chemie und Energie in Bochum. Also: Wie sozialpartnerschaftlich gehen Management und Arbeitnehmervertreter miteinander um? Schließlich gibt es bei der Besetzung des Vorstands wie überall Kompensationsgeschäfte.

Solche Überlegungen dürften auch bei VW eine Rolle spielen. Allerdings haben dessen Arbeitnehmervertreter bessere Karten: Im Aufsichtsrat sitzen – wie in vielen ehemals staatlichen Unternehmen – auch staatliche Vertreter. Als wichtige Anteilseigner zählen sie zur Kapitalseite, haben aber auch politische Interessen, die sich oft mit denen der Arbeitnehmerseite decken.

Wozu der ganze Kampf um den Posten des Arbeitsdirektors? Er ist für Aus- und Weiterbildung sowie Qualifikation der Mitarbeiter und damit zum großen Teil für die Zukunftssicherung des Unternehmens zuständig. Und als Vorstandsmitglied kann er Themen setzen: Jugendliche, Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder – wie beispielsweise Peter Hartz – neue Modelle der Arbeitszeitflexibilisierung. Außerdem redet er bei Unternehmenszielen wie Renditevorgaben mit. Und letztlich sei es für Hunderte Arbeitsplätze oft schon entscheidend, ob sich ein Unternehmen eine Rendite von 15 oder nur von sieben Prozent zum Ziel setze. BEATE WILLMS