Autokonzern zensiert Kritiker

DaimlerChrysler hat die Kooperation mit der Deutschen Umwelthilfe beendet – wegen „irreführender“ Stellungnahme. Jetzt begutachtet das Öko-Institut den Autokonzern

BERLIN taz ■ DaimlerChrysler wünscht Kritik, aber bitte nicht zu scharf. Gestern stellte der Autobauer seinen Umweltbericht 2005 vor. Doch die übliche „Bewertung der Deutschen Umwelthilfe (DUH)“ fehlte. Sie war kurzerhand gekippt worden. „Offensichtlich haben wir mit unserer Kritik wunde Punkte berührt, über die das Unternehmen öffentlich keine Rechenschaft ablegen möchte“, erklärte Jürgen Resch, DUH-Geschäftsführer.

Es ist das jähe Ende einer guten Kooperation: Seit langem erstellt DaimlerChrysler jedes Jahr einen Umweltbericht. Das Unternehmen listet zum Beispiel auf, wie viel Energie oder Wasser bei der Produktion eingespart wurden. Auch wirbt die Firma mit umweltfreundlicher Technik. Diese Selbstdarstellung wurde dann von der Deutschen Umwelthilfe begutachtet. Das Urteil konnte jeder nachlesen – auf einer unzensierten Seite im Umweltbericht. Das machte den Report glaubwürdiger.

Doch anders als in den Vorjahren war DaimlerChrysler diesmal nicht bereit, die Bewertung abzudrucken. Sie sei „irreführend“. Tatsächlich fiel die Stellungnahme harscher aus als sonst. In den vergangenen Jahren war der Umwelthilfe von manchen vorgeworfen worden, „ergeben“ nur „lobende Worte“ zu finden.

In diesem Jahr sind die Forderungen an DaimlerChrysler jedoch sehr klar. Beispiel Technik: Bei allen neuen Autos sei der Spritverbrauch im letzten Jahr nur um 0,1 Liter pro 100 Kilometer gedrosselt worden. „Ungenügend“, urteilten die Umweltschützer. Beispiel Konzernpolitik: DaimlerChrysler klagt mit anderen Autokonzernen gegen ein Klimaschutzgesetz, das Gouverneur Arnold Schwarzenegger in Kalifornien plant. „Sofort zurückziehen“, forderten die Kritiker.

Wochenlang stritten sich Umwelthilfe und Daimler Chrysler, wie die Formulierungen zu entschärfen seien. Ohne Ergebnis. Künftig wird die Umwelthilfe auf die jährlichen 30.000 Euro verzichten müssen, die sie bisher für die Umweltberatung von DaimlerChrysler kassierte.

Die Umwelthilfe nimmt das Ende der Kooperation gelassen: „Darauf muss man nicht aufgeregt, aber aufmerksam reagieren“, sagt der politische Leiter Gerd Rosenkranz. Die Industrie glaube, „die ökologischen Zügel schleifen lassen zu können“, nun, da eine Neuwahl anstehe.

Allerdings haben sich viele Firmen noch nie die Mühe gemacht, ihr Öko-Engagement zu beschreiben. „Ein Drittel der DAX-Unternehmen erstellt erst gar keinen Umweltbericht“, sagt Jens Clausen vom Institut Borderstep. Und nur acht deutsche Unternehmen lassen ihre Umweltpolitik extern begutachten – doch DaimlerChrysler waren die Einzigen, die sich trauten, damit einen Umweltverband zu beauftragen. Die anderen sieben wählten lieber eine normale Unternehmensberatung.

Der Autobauer hat indes schon einen neuen Kritiker gefunden: das wissenschaftlich renommierte Freiburger Öko-Institut. Das hat in aller Eile ein zweiseitiges Statement verfasst. Dort finden sich Aussagen wie: „Die Effizienzpotenziale herkömmlicher Fahrzeug- und Antriebstechnologien“ seien „konsequenter auch für absolute Entlastungen zu erschließen“. Konkreter wird es nicht.

HANNA GERSMANN