Familie aus Syrien bleibt in Deutschland

JUSTIZ Asylbewerber dürfen nicht nach Italien zurückgeschickt werden. Denn dort drohe ihnen eine unmenschliche Behandlung, so das Verwaltungsgericht Stuttgart. Der Beschluss ist unanfechtbar

STUTTGART dpa/dapd | Eine über Italien nach Deutschland gekommene Asylbewerberfamilie darf nach einer Gerichtsentscheidung nicht dorthin zurückgeschickt werden, weil ihr nach Ansicht der Richter eine unmenschliche Behandlung droht. Das hat das Verwaltungsgericht Stuttgart in einem unanfechtbaren Beschluss vom 2. Juli für eine staatenlose palästinensische Familie aus Syrien festgelegt, wie eine Gerichtssprecherin am Donnerstag mitteilte.

Die Mehrheit der Asylsuchenden sei in Italien ungeschützt, ohne Obdach und gesicherten Zugang zu Nahrung, Wasser und Elektrizität. Auch die Gesundheitsversorgung sei nicht ausreichend sichergestellt, hieß es zur Begründung. (Az. A 7 K 1877/12)

In dem Verfahren hatte ein staatenloses palästinensisches Ehepaar aus Syrien mit drei kleinen Kindern gegen die Rückführung der Familie nach Italien geklagt. Sie waren über das Mittelmeerland nach Deutschland eingereist. Die Familie hatte geltend gemacht, sie sei in Italien nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung aufgefordert worden, das Land zu verlassen.

Zudem habe man sie in eine Unterkunft eingewiesen, wo sie weder Bett noch Decken erhalten hätten. Sie seien zusammen mit einer weiteren Familie in einem kleinen Zimmer untergebracht gewesen. Es habe am Tag nur eine Mahlzeit gegeben.

Die Richter argumentierten, Italien sei zwar als Mitglied der Europäischen Union ein sicherer Drittstaat. Angesichts der aktuellen Situation von Flüchtlingen bestünden aber Anhaltspunkte dafür, dass das Land seine Verpflichtungen derzeit nicht erfülle.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss das Asylverfahren nun in Deutschland fortsetzen. Die Familie war zunächst nach Italien gekommen, hatte dort aber keinen Asylantrag gestellt, sondern erst nach ihrer Ankunft in Deutschland. Nach Rechtslage war trotzdem Italien für die Prüfung des Asylgesuchs zuständig.

Hintergrund ist die Dublin-II-Verordnung: Ein Asylbewerber soll nicht in mehreren EU-Ländern gleichzeitig einen Antrag stellen können. Für Asylverfahren ist immer zunächst das Land zuständig, über das der Asylbewerber in die EU eingereist ist. Deutschland hatte bereits die Rückführung von Asylbewerbern nach Griechenland wegen der dortigen humanitären Notsituation für ein Jahr gestoppt.