Schwanz ab – Ohr weg

Egal wie andere Tierfreunde und die Gesetze das sehen – der Flensburger Tierschutzverein lässt weiter amputieren

Ohrenabschneiden findet nicht jeder selbstverständlich: „Die Vorgänge in Flensburg sind unfassbar“, sagt der Vorsitzende des Landestierschutzverbandes Schleswig-Holstein, Wolfram Hartwich. Grund seiner Empörung: Zwei freilaufende Katzen aus Flensburg waren Anfang Juli von Anwohnern in die Obhut des lokalen Tierschutzvereins gegeben worden. Dessen Tierheim sollte die Kastration vornehmen lassen.

Als sie die Tiere jedoch zurück in ihre gewohnte Umgebung bringen wollten, bemerkten sie: Der Operateur hatte beiden Katzen beim Eingriff jeweils das halbe linke Ohr abgeschnitten – ein vom Tierschutzgesetz ausdrücklich verbotenes Verfahren zur Kennzeichnung. „Das ist Tierquälerei“, empört sich eine Zeugin und fragt: „Wie so etwas sadistisches“ im Umfeld des vom Verein Tierschutz Flensburg getragenen Heims passieren könne.

Der Landesverband ist da ganz auf ihrer Seite: „Wir prangern diese Unart seit Jahren an“, so Hartwich. Den Vorsitzenden des Tierschutzvereins Flensburg und Umgebung, Detlef Richelsen schert die Aufregung allerdings wenig: „Was der Landesverband dazu meint, interessiert mich nicht.“ Ausweichender die Antworten seines hauptamtlichen Heimleiters. Katzenohren würden bei ihnen grundsätzlich nicht beschnitten, sagt Willy Sandvoß zunächst. „Als Tierärzte das durchsetzen wollten, habe ich ganz klar dagegen gesprochen.“ Als Tierheimmitarbeiter den Vorfall bestätigen, ändert Sandvoß jedoch die Taktik: „Ich kann da nichts machen. Die Ärzte sind die Experten.“

Tatsächlich hält der vom Heim beauftragte Veterinär Hartmut Eger aus Harrislee die von ihm praktizierte Kennzeichnung für angemessen: „Ich habe zum Wohl der Tiere gehandelt“, rechtfertigt er sich. Wiederholtes Einfangen, mehrmalige Transporte zum Tierheim und womöglich sogar weitere Narkosen würden vermieden. Die in der Region übliche Praxis, den Buchstaben K ins Ohr einzutätowieren, habe sich dagegen nicht bewährt. Amtstierarzt Manfred Kaiser widerspricht: „In den allermeisten Fällen scheint mir das K im Ohr die bessere Lösung.“ Auch die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz ächtet die radikale Maßnahme und weist auf sinnvolle Alternativen hin: Neben Tätowierungen hätten sich Kennmarken und, in Einzelfällen kleine Einkerbungen, bei wild lebenden Katzen bundesweit bewährt.

olaf schechten