Bremen kauft Arbeit aus Hamburg

Mit einem 4,4 Millionen-Euro-Zuschuss haben die Bremer Wirtschaftsförderer ein Entwicklungsprojekt für moderne Solar-Module nach Bremerhaven gelockt. Die Norddeutsche Affinerie in Hamburg kriegt die Hälfte der Bremer Hilfe

Bremen taz ■ Den Namen „CIS“ muss man sich merken. „CIS“ ist die Abkürzung für Kupfer, Indium und Selen, und diese Verbindung soll ganz neue, moderne Solarzellen ermöglichen. Und Bremerhaven soll Zentrum der CIS-Solartechnik werden, frohlockte Bausenator Jens Eckhoff (CDU) in der vergangenen Woche, nachdem die Wirtschaftsförderausschüsse mit sechs Monaten Verspätung 4,4 Millionen Euro für das Projekt locker gemacht hatten.

Die Firma „CIS Solartechnik“ sei von Hamburg nach Bremerhaven verlegt worden, erklärte Eckhoff, „dort arbeiten zurzeit 5 Mitarbeiter in der Entwicklung“, es könnten einmal 90 werden. „Zurzeit“ findet man in Bremerhaven davon gar nichts, noch verweist “www.cis-solartechnik.de“ direkt auf eine Hamburger Tochterfirma der “Affi“, wie die Norddeutsche Affinerie im Jargon heißt. Die hat zusammen mit dem niedersächsischen Institut für Solarenergieforschung in den letzten Jahren ein Solarmodul auf Kupferbasis entwickelt. Die Affi produziert Kupfer und verspricht sich neue Märkte, wenn der wachsende Bedarf an Solarmodulen vom knappen und teuren Silicium weggeht auf Stoffe aus dem Portefeuille der Affi.

Die Affi will versuchen, ihre Erfindung zu einem serienreifen Produkt zu entwickeln. Denn ihre Solarmodule kommen ohne schwere Glasplatten aus und sind flexibel und kleinräumig anzubringen – sie sollen viel preiswerter sein als bisherige Techniken und in ihrer Form anpassbar sein: Dachziegel könnten Solarmodule sein, Bootswände, Segeltücher oder irgendwelche Textilien.

Warum beglückt die Norddeutsche Affinerie mit ihrer neuen Technik ausgerechnet Bremerhaven? Die Antwort: Der Sanitär- und Heizungs-Großhändler Cordes&Graefe hat sich als Partner angeboten, der nicht nur in ferner Zukunft den Vertrieb gerne übernehmen würde, sondern auch 44 Prozent der anstehenden Entwicklungskosten von geschätzten 10 Millionen Euro als Bremer staatliche Wirtschaftsförderung mit in die Ehe einbringt – wenn eben CIS Solartechnik nach Bremerhaven geht.

In Hamburg gäbe es dafür keine Subventionen – „wir fördern im Technologiebereich grundsätzlich nur kleine und mittlere Betriebe“, sagt der Sprecher der Wirtschaftsbehörde an der Elbe. Die „Affi“ hat einen Umsatz von 2,25 Milliarden Euro, Cordes&Graefe bringt es auf 2,85 Milliarden – die beiden sind zusammen vom Umsatz her also „größer“ als das Land Bremen. Aber auch Große nehmen 4,4 Millionen Euro Risiko-Zuschuss gern mit.

Wenn man die Beschlussvorlage des Bremer Wirtschaftssenators genau liest, stellt man fest: Von den 20 Arbeitskräften, die in der Entwicklungsphase bis 2007 beteiligt sein sollen, werden nur 10 in Bremerhaven angesiedelt sein. Die eigentliche Entwicklungsarbeit und die wissenschaftliche Leitung wird in Hamburg bleiben. Wenn das Entwicklungsprojekt erfolgreich ist, würden auch in Zukunft die Solarzellen in Hamburg produziert, in Bremerhaven nur zu Solarmodulen zusammengebaut.

Die Bremer Wirtschaftsförderer haben den Hamburgern die Daumenschrauben angelegt: Falls die Serienproduktion an einem anderen Ort als Bremerhaven stattfindet, dann muss der Zuschuss zurückgezahlt werden. Zinsen will Bremen aber nicht berechnen. kawe