SRI LANKA: INNENPOLITISCHER STREIT VERZÖGERT HILFSGELDER
: Richter sind keine Tsunami-Opfer

Eine schlechte Nachricht für Sri Lankas Tsunami-Opfer: Die Auszahlung von Millionen Dollar ausländischer staatlicher Hilfe für das Bürgerkriegsland verzögert sich weiter. Denn die Geberstaaten hatten eine Einigung der Regierung mit den Rebellen über einen gemeinsamen Mechanismus zur Verteilung der Mittel verlangt. Präsidentin Kumaratunga war dazu auch bereit, verlor aber darüber die marxistische JVP als Koalitionspartner. Die setzte vor dem Obersten Gericht eine einstweilige Verfügung durch, weil Teile des Abkommens gegen die Verfassung verstoßen. Weitere Anhörungen terminierten die Richter, die offenbar keine Flutopfer sind, erst auf den 12. September.

Bis dahin müssen nicht nur die Hilfsbedürftigen weiter leiden, sondern könnte auch der Friedensprozess ganz zusammengebrochen sein. Denn zuletzt wurde der im Februar 2002 geschlossene Waffenstillstand immer öfter von beiden Seiten verletzt und die Situation immer angespannter. Der Tsunami, der die Opfer nicht nach Ethnien unterschied, bot beiden Seiten die Möglichkeit, das Wohl der Menschen in den Vordergrund zu stellen. Diese Chance vergeht langsam.

Im indonesischen Aceh dagegen, ebenfalls eine Bürgerkriegsregion, hat der Tsunami eine neue Friedensdynamik ausgelöst. Zurzeit verhandeln Vertreter der Bewegung Freies Aceh und der Regierung über ein Autonomieabkommen. Obwohl diesbezüglich Skepsis angebracht ist, haben beide Seiten zunächst die Chance ergriffen. In Sri Lanka dagegen führte der von tiefem Misstrauen geprägte Streit um die Kanalisierung der großen Hilfe zu einer Verschärfung des Konflikts.

Die Ausnahme ist die Hilfe von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die direkt in Rebellen- und Regierungsgebieten arbeiten. Doch bauen NGOs eben keine Straßen oder Brücken wieder auf, weshalb auf staatlichen Hilfe nicht verzichtet werden kann. Selbstverständlich müssen tragfähige verfassungskonforme Lösung gefunden werden – doch Streit auf dem Rücken der Betroffenen wie das langsame Tempo der Richter sind menschenverachtend. SVEN HANSEN