FAMILIENPOLITIK: CDU SETZT AUF DAS HEIMCHEN AM HERD
: Modernität ist jetzt egal

Verpasst ist der Aufbruch, vergessen der Reformmut. In ihrer Familienpolitik will die Union nun doch nicht modern sein; die Partei strebt nicht wie Rot-Grün eine Grundversorgung mit Kindertagesstätten an. Ursula von der Leyen, Starfrau der CDU-Sozialpolitik, will Familien lieber mehr Geld überweisen. Jetzt schweigen die Stimmen in der CDU, die mehr Kinderkrippen für das Modell der Zukunft halten, wenn sie nur solide finanziert sind.

Statt dessen wiederbelebt die Union nun einen familienpolitischen Irrtum. Denn ein paar Euro mehr auf dem Konto stimmen keine Gutverdienende gebärwillig – kaum ein Paar schiebt die Babypläne auf, weil es das Kindergeld für zu dürftig hält. Viel drängender ist das Problem, Beruf und Familie zu verbinden. Kitas sind nicht nur ein Weg, Mütter vorm Karriereabseits zu bewahren. Sie rentieren sich auch finanziell. So viel Einkommen, wie einer Frau als Vollzeitmutter entgeht, kann der Staat ihr gar nicht zustecken. Auch Ökonomen kritisieren den Status quo als wirtschaftlichen Irrsinn: Eine Uni-Absolventin sollte nicht über Jahre ganztags am Wickeltisch und auf dem Kinderspielplatz stehen.

Als Vorwand für den Rückschritt dient der Union ein Föderalismusproblem. In der Tat kann der Bund eine Gemeinde nicht zwingen, in mehr Kinderkrippen zu investieren. Die Entscheidung obliegt letztlich der Kommune selbst. Und doch ist dies kein Argument gegen ein Engagement der Bundesregierung. Setzt sie die Gemeinden nicht zumindest moralisch unter Druck, wie es derzeit Rot-Grün tut, können sie umso leichter auf dem krippenarmen Ist-Zustand beharren.

Die neuen Pläne nähren eher einen anderen Verdacht. Die siegesgewisse Union hält es für unnötig, um karrierewillige Großstädter zu buhlen, die keine Oma als Babysitterin haben. Lieber hätschelt sie jene, die das traditionelle Ernährermodell als gar nicht verstaubt empfinden. Einzelne Unions-Bekenntnisse zur familienpolitischen Moderne waren nur Zierrat, um den Vergleich mit Rot-Grün nicht zu verlieren. Diese Phase ist jetzt überstanden. Die Heimchen-am-Herd-Ideologie hat erfolgreich überdauert. COSIMA SCHMITT