Europas Flüsse laden zum Baden ein

Am Sonntag finden an über 200 Stellen in Europa „Flussbadefeste“ statt. Die Wasserqualität hat sich seit Anfang der 90er Jahre enorm verbessert, vor allem Elbe und Rhein gelten als sauber. Problematisch bleiben Dünger aus der Landwirtschaft

AUS DRESDEN MICHAEL BARTSCH

Ein paar Verrückte gab es auch schon zu DDR-Zeiten. Die sprangen in den dunkelbraunen Abwasserkanal, der früher einmal Elbe hieß, als seien sie gegen Chemikalien resistent. Damals kursierte der Witz, man könne die Entwicklungskosten für einen Film sparen, wenn man ihn kurz in die Elbe lege.

Diese Zeiten sind vorbei: 2002 fand der erste „Elbbadetag“ statt, der Dreckfluss wurde offiziell zum Badegewässer erklärt. Und morgen wird erstmals europaweit auf 200 Badefesten um Punkt 14 Uhr der große Sprung ins freundliche Nass erfolgen. Zeitgleich sind unter anderem an der Loire, an der Themse, an der Seine, am Ebro und am Rhein Feste geplant. „Beim ersten europäischen Flussbadetag Big Jump werden zehntausende die Flüsse für die Freizeit zurückerobern“, hoffen die Initiatoren von der Nichtregierungsorganisation European Rivers Network.

Mehr als ein halbes Jahrhundert lang war Baden in den großen Flüssen Europas fast ein Tabu. Gifte aus industrieller Produktion verschmutzten nicht nur die Elbe, sondern auch Rhein und Ruhr, Werra, Loire, Themse und Ebro. Seit mehr als zehn Jahren jedoch sorgen Betriebsstilllegungen – vor allem im Osten – sowie der konsequente Einsatz von Kläranlagen dafür, dass die Wasserqualität deutlich besser geworden ist. Allein an der Elbe, Deutschlands größtem naturbelassenen Fluss, wurden seit der Wende 239 Anlagen auf deutscher und tschechischer Seite gebaut. „Für viele der untersuchten Schadstoffe ist ein erfreulicher Rückgang zu verzeichnen“, sagt Roberto Epple vom European Rivers Network. Flossen 1985 noch 28.000 Kilo Quecksilber die Elbe hinab, waren es im vergangenen Jahr nur noch 1.000 Kilo.

Das Umweltbundesamt verzeichnet eine ähnlich erfreuliche gesamtdeutsche Entwicklung. 96 Prozent der Badegewässer genügen der noch aus dem Jahr 1976 stammende EU-Richtlinie. Bis 2015 sind in ganz Europa Maßnahmen zur Gewässererhaltung geplant. Deshalb wird derzeit auf EU-Ebene eine neue Badegewässerrichtlinie diskutiert, die voraussichtlich 2006 in Kraft tritt. Die wichtigste Regelung ist die neue Festsetzung der Leit- und Grenzwerte, etwa für den Algengehalt. Die Betreiber von Strandbädern werden verpflichtet, Wasserverschmutzung zu vermeiden oder zu beseitigen.

Als besonders gut gilt mittlerweile die Wasserqualität von Rhein und Elbe. Dort leben wieder mehr als 100 Fischarten. Weniger zufrieden stellend ist in diesen Tagen allerdings der Sauerstoffgehalt des Flusses, der schon seit Wochen den für Fische kritischen Wert von 3 Milligramm Sauerstoff pro Liter Wasser unterschritten hat. „Für Menschen, die in der Elbe baden wollen, ist das aber kein Problem“, erklärte Epple.

Ein Sprung ins kühle Nass ist nur noch in wenigen Flüssen gesundheitsgefährdend. Zu den „Sorgenkindern“ gehört die durch Thüringen und Hessen fließende Werra, die nach einer Studie der Universität Kassel zu den am stärksten belasteten Flüssen Mitteleuropas zählt. Das Ökosystem in dem von der Kaliindustrie salzbelasteten Fluss sei tief greifend gestört, betonen die Wissenschaftler. Als problematisch gelten außerdem europaweit nach wie vor Gülle und Kunstdünger aus der Landwirtschaft, vor allem Nitrate.

Für die Schwimmerinnen und Schwimmer lauern die Gefahren allerdings woanders: Die Lebensretter des DLRG warnen vor allem vor Schiffsverkehr und starker Strömung. So war erst in der vergangenen Woche ein 48-jähriger Familienvater in der Elbe ertrunken, der in Hamburg-Wilhelmsburg ins Wasser gegangen war. Nach 25 Metern verließen ihn offenbar die Kräfte, die Strömung riss ihn elbabwärts.