LESERINNENBRIEFE
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Krieg im Bremer Schulfrieden

■ betr.: „Wandertag zur Bürgerschaft“, taz.bremen vom 12. 7. 12

Tausende Demonstranten gegen die aktuelle Bildungspolitik: GEW, Schulleitungsverband, die Direktoren der Beruflichen Schulen, ZEB und GSV signalisieren einen tiefen Vertrauensverlust in die Bremer Bildungspolitik. So sieht der von der Politik postulierte Schulfrieden in der Realität aus. Die Bremer Bildungslandschaft wird durch eine Vielzahl teilweise in den Zielsetzungen antagonistischer Reformen überzogen. In einem auf Auslese ausgerichteten und durch Testeritis ab den Grundschulen entsprechend konditionierten Schulsystem ist ein Inklusionsprojekt ein Fremdkörper, so dass daraus faktisch eine Exklusion für die bildungsbürgerlich geprägten SchülerInnen wird.

Die Lehrkräfte an den Schulen haben eine Vielzahl neuer Aufgaben zu bewältigen, ihre Unterrichtsverpflichtung wurde zum Teil sogar noch erhöht. Diese Prozesse vollziehen sich vor dem Hintergrund eines politisch von der Koalition beschlossenen Personalabbaus, so dass die Lehrerarbeit faktisch stark verdichtet wurde.

Das Kommunikationsverhalten der Behördenspitze in die Schulen ist als preußisch/obrigkeitsstaatlich zu charakterisieren. Dialog ist für die handelnden Schulreformer in der Zentraleinheit eher ein Fremdwort: Anweisung, Richtlinien, Repression offener und verdeckter Art sind die Mittel, mit denen aktuell in Bremen Schulreform umgesetzt wird. Vereinbarungen zwischen Schulen und Behörde werden in vielen Einzelfällen regelmäßig gebrochen.

Die Kombination all dieser Prozesse hat zum Ergebnis, dass die Stimmung in den Schulen zwischen aggressiv und resignativ schwankt, weil die Kollegien völlig überfordert sind. Das alles wäre ja Anlass für die verantwortlichen Politiker, einmal ihre eigene Arbeit zu reflektieren, den protestierenden BürgerInnen zuzuhören und dann vielleicht etwas zu ändern. Statt dessen werden diese für blöd erklärt.

Die Krönung liefern diesbezüglich die Grünen. Nicht der Hauch eines Nachdenkens, ob die Schulen überfordert sein könnten, ist sichtbar. Statt dessen betont der Fraktionsvorsitzende auf der Mitgliederversammlung die Erfolge rot/grüner Politik. Nur die Bildungssenatorin habe etwas falsch gemacht. Von den Sozialdemokraten sind wir solche billigen Ausreden zur Verdeckung des Versagens der eigenen Politik gewohnt. Programmatisch hatten die Grünen einmal die Eigenverantwortung der handelnden Subjekte in der Bildungspolitik als wesentlichen Baustein für eine nachhaltige Entwicklung formuliert, statt dessen tragen sie seit fünf Jahren eine Politik der systematischen Bevormundung und Entmündigung im Bildungsbereich mit.  HELMUT ZACHAU, Bremen, war Schulleiter und Grüner