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berliner szenenAbstellraum für Menschen

Alea betrat das Großraumbüro. Eine kurvige, ältere Sekretärin empfing sie. Sie hielt einen altmodischen Telefonhörer zwischen Wange und Schulter und musterte sie abschätzig wie eine amerikanische Schauspielerin, während sie ihr bedeutete, sich in den Warteraum zu begeben. Ein Raum für tote Zeit. Eine Tür aus Glas, dahinter ein Abstellraum für Menschen, die Gespräche und Behandlung erwarteten.

Das war fast wie früher, wie sie mir später erzählte, nur dass alle Masken trugen und eine Lüftungsanlage der Atmosphäre einen sanft summenden Teppich verlieh. Immerhin zog es nicht, und Fliegen waren auch keine im Raum. Dafür spulten Monitore hausinterne Werbeschleifen ab. „Viele Beschäftigte kommen mit krebserzeugenden Metallen in Verbindung …“ Alea setzte sich, griff lustlos zu einer ausliegenden Zeitschrift, auf dem Cover die schwangere Meghan Markle auf einer Wiese und dem Schoß eines betont leger gekleideten Prinzen, als ob ewiger Frühling wäre, ein ewiger Frühling in Schwarzweiß, ein Frühling, der seine Vergänglichkeit schon in sich trug, und begann, sich augenblicklich zu langweilen. Kurz fragte sie sich, ob sie überwacht wurde, hier in diesem seelenlosen Raum, der mit einer überdimensionierten Hängelampe bestückt war, darunter das übliche Setting aus Polstermöbeln und Ablagetisch mit Zeitschriften, an zwei der Wänden klebten Bildschirme. Aber keine sichtbare Kamera und keine Kunst. Keine Modigliani-Reproduktion, die in einen einfachen Rahmen gesteckt worden war. Kein impressionistisches Bild von einem Baum. Die Zeit war fortgeschritten, der Termin fast überfällig, trotzdem wartete sie noch. Sie schlug ein Bein über das andere, sitzend. Dann legte sie die Zeitschrift weg, entsicherte ihr Telefon und sah sich ein Tanzvideo an.

René Hamann

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