Grüne fürchten sich vor der Linkspartei

Fraktionschefin Klotz räumt ein, dass Gysi und Lafontaine auch im grünen Milieu wildern könnten. Nach der Berliner Wahl 2006 streben die Grünen eine rot-rot-grüne Koalition an. Dafür will man stärker werden als die bisherige PDS

Die Linkspartei ist auch in Berlin auf dem Vormarsch. Und zu schaffen macht sie nicht nur der SPD, sondern auch den Grünen. Wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl, würde die Grünen in der Hauptstadt nur noch 10 Prozent der Wähler überzeugen können. Im Vormonat waren es noch vier Prozent mehr. Selbst bei Abgeordnetenhauswahlen kämen die Berliner Grünen nicht über 14 Prozent hinaus. Zur Erinnerung: Bei den Europawahlen im Juni 2004 erzielten die Berliner Grünen 22,7 Prozent.

Entsprechend nervös reagierte am Wochenende auch die grüne Fraktionsvorsitzende Sibyll Klotz. „Das Linksbündnis ist entschlossen, mit Populismus die Hemmschwelle herabzusetzen, um Protestwähler vom rechten Rand einzusammeln, und das scheint durchaus erfolgreich zu sein.“ Auf der anderen Seite räumte Klotz aber auch ein: „Es gibt eine Schnittmenge von Wählern dieser Linkspartei, bei der auch enttäuschte Grün-Wähler sein werden. Ich würde nicht sagen, dass das mit uns nichts zu tun hat.“

Damit widersprach die Arbeitsmarktpolitikerin den Einschätzungen von Parteienforschern wie Oskar Niedermeyer. Der hatte noch am Freitag im taz-Interview gesagt: „Eine PDS-WASG-Kombination wird nicht sonderlich unter Grünen-Wählern wildern.“

Hinter Klotz’ Warnung steckt aber nicht nur die Sorge um grüne Stimmenverluste, sondern auch um die eigene politische Zukunft. 14,6 Prozent hatte der grüne Landesverband bei den Bundestagswahlen 2002 erzielen können – das bedeutete vier Mandate. Wenn die Grünen im September nur drei Mandate bekämen und Hans-Christian Ströbele sein Direktmandat in Friedrichshain-Kreuzberg verteidigt, würde Klotz mit ihrem Listenplatz drei leer ausgehen. Dann hieße es für sie weiter: Landes- statt Bundespolitik.

Aber auch da steht es nicht rosig um die grünen Perspektiven. Zwar haben SPD und PDS auf Berliner Ebene mit der WASG eine ebenso externe wie interne Konkurrenz bekommen. Von den 19 Prozent, die die Linkspartei bekäme, wenn am Sonntag Abgeordnetenhauswahlen wären, würde die PDS 13, die WASG 6 auf sich vereinigen könne. Träten beide, wonach es derzeit aussieht, gegeneinander an, würde die WASG der PDS also Stimmen kosten.

Nicht unwahrscheinlich wäre es daher, wenn 2006 eine rot-rot-grüne Koalition aus SPD, Grünen und PDS und unter Ausschluss der WASG die Stadt regieren würde. Ein solches Bündnis hält auch Sibyll Klotz nicht für ausgeschlossen. Eine Koalition mit der Linkspartei und der SPD, sagt Klotz, sei anders als auf Bundesebene in Berlin nicht ausgeschlossen. „Ich würde das aber abhängig davon machen, welches Ergebnis wir bekommen“, schränkt die Grünen-Politikerin ein. „Ziel für 2006 sollte sein, stärker zu werden als die Linkspartei.PDS.“ Mit einem guten Ergebnis könnten die Grünen als zweitstärkster Partner in eine Dreier-Koalition einsteigen.“

Eine Konstellation hält die grüne Fraktionsvorsitzende allerdings für unrealistisch – ein Bündnis mit der CDU. Klotz wörtlich: „Bei der CDU halte ich eine Zusammenarbeit angesichts des Programms und der Personen für absolut ausgeschlossen.“ UWE RADA