Einsicht nur im Ferienloch

NOTFALL Atomkraftgegner kritisieren die kurze Auslegezeit für die neuen Katastrophenschutzpläne der Atomkraftwerke Grohnde und Lingen. Auch sei der Evakuierungsradius für den Ernstfall zu eng gesteckt

Anti-Atom-Initiativen haben dazu aufgerufen, die Pläne ins Internet zu stellen

Die Katastrophenschutzpläne für die Atomkraftwerke Grohnde und Lingen sind überarbeitet worden. Vom 18. Juli bis zum 17. August – mitten in den Sommerferien – will der Kreis Hameln-Pyrmont den Plan für Grohnde öffentlich auslegen. Bürger können das Dokument in dieser Zeit einsehen und Anregungen geben. Auch in den Nachbarkreisen soll der Entwurf ausgelegt werden. Die Pläne zu Lingen sind ab dem 23. Juli einzusehen. Atomkraftgegner bemängeln die Frist als viel zu kurz.

Die AKW-Katastrophenschutzpläne regeln Verantwortlichkeiten und Schutzmaßnahmen im Fall schwerer Unfälle. So werden Ausgabestellen für Jodtabletten und Sammelpunkte für Evakuierungen benannt. Die Pläne legen auch fest, wie die Bevölkerung informiert wird. Ob die Schutzmaßnahmen bei einer Katastrophe greifen, wird von Experten bezweifelt.

Marita Wuttke vom BUND Niedersachsen bemängelt, dass es die Behörden „in altbekannter Weise“ nur während der Ferien wagten, die Unterlagen auszulegen. Sie fordert, die Auslegungs- und Einspruchsfrist bis zum 30. September zu verlängern. Umweltverbände und Anti-Atom-Initiativen haben das Innenministerium und die zuständigen Landkreise aufgerufen, die Pläne ins Internet zu stellen.

Die Umweltschützer halten das Gebiet der Katastrophenschutzplanung für viel zu klein bemessen. Eine nach dem Fukushima-Unfall erarbeitete Studie zeige, dass radioaktive Kontaminationen mit einer Bodenstrahlung von 20 Millisievert noch 170 Kilometer entfernt von einem havarierten AKW eintreten könnten, sagt Angelika Claußen von der atomkraftkritischen Ärzteorganisation IPPNW. Nach Maßgabe der Strahlenschutzrichtlinien bedeute dies, dass auch bis zu einer Entfernung von 170 Kilometer vom AKW evakuiert werden müsse. Deswegen müssten auch die betroffenen Kreise in benachbarten Bundesländern in die Katastrophenschutzplanung einbezogen werden.  REIMAR PAUL