LESERINNENBRIEFE
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Drei langsame Wege

■ betr.: „Wähl dich raus!“, taz vom 22. 9. 09

Das Interview mit Hartmut Rosa endet mit dem Satz „In einem Hamsterrad kann ich nicht langsam laufen, ich kann nur herausspringen.“ Ich sehe im Hamsterrad auf der taz-Titelseite gleich drei solcher langsameren Wege. Sie zu gehen erfordert allerdings Überblick, Mut, Gleichgewichtssinn und Geschicklichkeit: Ich kann mich mit einem gewagten halben Sprung heraus und später wieder herein über die ruhende Außenstütze bewegen. Ich kann mich kraftvoll festhaltend vom Hamsterrad über Kopf mitnehmen lassen und später die Sprossen hochkonzentriert einzeln gehen. Oder ich kann in selbst gewählter Geschwindigkeit über den rotierenden Mittelsteg laufen. In meiner Arbeit als Coach und Organisationsentwickler erlebe ich, dass es solche entschleunigten Wege auch in der Realität unseres Wirtschaftssystems gibt. Und als taz-Entwicklungs-und-Medien-Kommanditist beobachte ich mit Freude, dass es auch der taz immer wieder gelingt, solche Wege zu sehen und zu gehen.

NORBERT LANGE, Kassel

Kein Wunsch der Union

■ betr.: „Verschwendung bei der Entwicklungshilfe“, „Das Marionetten-Ministerium“, taz vom 21. 9. 09

Beide Artikel mahnen an, dass ein entwicklungspolitisches Ziel der großen Koalition, nämlich die Zusammenführung der zwei größten staatlichen Entwicklungshilfeorganisationen gtz und kfw, nicht erreicht wurde. Die Verantwortung dafür aber allein beim entwicklungspolitischen Ministerium und seiner Ministerin zu suchen, greift zu kurz!

Tatsächlich haben andere Ressorts wie das Wirtschaftsministerium Mitsprache bei der Zusammenlegung. Doch nachdem endlich eine Einigung mit Exminister Glos getroffen war, wurde diese von seinem Nachfolger zu Guttenberg kurzer Hand auf Eis gelegt. Um so zynischer erscheint der Kommentar von CSU Entwicklungspolitiker Christian Ruck, wenn er von einer falsch angepackten Reform spricht. Er und seine Unions-Kollegen hatten ebenfalls vier Jahre Zeit, aus ihren Reihen heraus diese Reform anzupacken, schließlich steht das Ziel der Zusammenlegung im Koalitionsvertrag der großen Koalition. Dass dieses Ziel dort überhaupt verankert wurde, war übrigens ein Verdienst von Heidemarie Wieczorek-Zeul, nicht etwa ein Wunsch der Union! Ruck und Kollegen haben dagegen einseitig auf eine Konzentration der technischen Zusammenarbeit hingearbeitet und damit auch das Ziel einer besseren Verknüpfung von technischer und finanzieller Zusammenarbeit blockiert.

Auch der plötzliche Aufschrei seitens der Grünen verwundert etwas, denn das Thema der Zusammenlegung von gtz und kfw war in den letzten vier Jahren kein vorrangiges Anliegen der Opposition. Schade, dass es nun am Ende der Legislatur so viel Aufmerksamkeit bekommt, dass man darüber viele gute Erfolge der deutschen Entwicklungspolitik vergisst. Denn in der Amtszeit von Heidemarie Wieczorek-Zeul hat es bei allen Millenniumentwicklungszielen Fortschritte gegeben, allein in Afrika gehen heutzutage beispielsweise 29 Millionen Kinder mehr zur Schule. BÄRBEL KOFLER, MdB

Merkel muss Kanzlerin bleiben

■ betr.: „SPD von alle verlassen“, taz vom 21. 9. 09

Eigentlich gibt es nur eine Möglichkeit für politische Veränderungen durch Wahlen und Parteien: Die SPD braucht eine neue Führung. Mit Müntefering und Steinmeier als SPD-Chefs würde es im Bundestag niemals „Rot-Grün-Rot“ geben. Also bleibt nur eine Möglichkeit für ein anderes Parteien-Bündnis: Merkel muss Kanzlerin bleiben. Nach den vier Jahren Merkel haben dann vielleicht SPD, Linke und Grüne Vorsitzende, die gemerkt haben, dass nur diese drei Parteien zusammen neuen „Schwung“ in die Politik bringen und endlich zusammenarbeiten. DENNIS KLINGENBERG, Bremen

Eine Sache der Nachfrage

■ betr.: „Biosphäre. Warnstreik der Müllabfuhr“, taz vom 22. 9. 09

Nicht die Pflanzen haben sich verändert. Denn jede Pflanze kann gar nicht anders, als bei der Photosynthese CO2 zu binden! Den Unterschied machen intensive Düngung und forcierte (Massen-)Tierhaltung. Steigende Durchschnittstemperaturen führen zudem zum Humus-Abbau in Böden und setzen das dort gebundene CO2 wieder frei. Der Lösung näher kämen wir, wie in Studien bewiesen, mit Biolandwirtschaft. Denn auf Bioflächen steigt der Humusgehalt der Böden. Und indem wir die Viehhaltung konsequent reduzieren. Alles eine Sache der Nachfrage. ULRIKE MOSER-BRORMANN, Darmstadt