Justiz irrte sich kräftig

Nach Verfassungsurteil: Staatsanwaltschaft ordnet sofortige Haftentlassung von Mamoun Darkazanli an

Der als mutmaßlicher al-Qaida-Unterstützer seit Oktober in Hamburger Auslieferungshaft einsitzende deutsch-syrische Kaufmann Mamoun Darkazanli ist gestern aus der Haft entlassen worden. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht einer Beschwerde seiner Anwältin Gül Pinar stattgegeben, wonach eine Auslieferung nach dem Europäischen Haftbefehlsgesetz verfassungswidrig ist.

Nach dem Karlsruher Richterspruch ging alles ganz schnell: „Wir haben die sofortige Freilassung angeordnet“, sagt Staatsanwaltschaftsprecher Rüdiger Bagger. Mittags war Darkazanli frei. Dazu sei die Staatsanwaltschaft „nach Recht und Gesetz verpflichtet“, erklärt Bagger, „sonst machen wir uns der Freiheitsberaubung schuldig“. Die Aufhebung des Haftbefehls durch das Hanseatische Oberlandesgericht sei nur noch Formsache.

„Wir haben auch vorher nach Recht und Gesetz gehandelt“, beugt Bagger einer möglichen Justizschelte vor, „nur war das Gesetz eben verfassungswidrig.“

Doch darauf hatten Pinar und ihr Kollege Michael Rosenthal in diversen Beschwerden vor Gericht hingewiesen. Sogar die Hamburger Justizbehörde übte Kritik. Unmittelbar nach der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgericht im April habe sie angeregt, Darkazanli freizulassen. „Das Bundesjustizministerium ist dem jedoch nicht gefolgt“, so Staatsrat Carsten Lüdemann (CDU): „Es hat die Bewilligung verweigert.“

Erleichtert kann Darkazanli jedoch nur bedingt sein. „Wenn sich die Gesetzeslage ändert, kann ein erneutes Auslieferungsbegehren erfolgen“, sagt Pinar, die für die Urteilsverkündung extra ihren Urlaub unterbrach. Darkazanli wird mit spanischem Haftbefehl gesucht, weil er zum Führer der spanischen al-Qaida-Zelle, Abu Dahdah, enge Kontakte gehabt haben soll. KAI VON APPEN

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